Überbringer von Botschaften und Wegweiser

Hans Pfleiderer • 24. Februar 2019

mit Englischer Übersetzung

Die neue Monografie Scenography / Szenografie 2 - Staging Space / Der Inszenierte Raum beschreibt die Schaffensperiode der letzten 21 Jahre des auf spektakuläre Museumsgestaltung spezialisierten Szenografen Prof. Uwe R. Brückner und seines Ateliers seit Firmengründung im Jahre 1997. Der 432 Seiten umfassende Band, ein Nachschlagwerk seiner Gestaltungslehre, besteht aus zwei illustrierten Blöcken von Projektbeschreibungen von 1997-2013 und 2014-2018 und flankieren den 142-seitigen Mittelteil Philosophie.

Ist es heute nicht befremdlich, ins Museum zu gehen? Der Historiker Hans Peter Schwarz zitiert Thomas Bernhard in Frank den Oudstens ähnlich ambitionierten Buch über Szenografie space.time.narrative: the exhibition as post-spectacular stage : „Die Leute gehen nur ins Museum, weil ihnen gesagt wurde, was eine zivilisierte Person zu tun hat, nicht aus Interesse. Die Menschen interessieren sich nicht für Kunst.“ Nun wollen wir mal sehen.

Die Einleitung zu dem vorliegenden Buch hat die Überschrift Atelier Brückner und die Gesellschaft des Spektakels und wurde von dem Schweizer Grafiker Ruedi Baur, der mit Uwe R. Brückner an Projekten und in der Lehre gearbeitet hat, geschrieben. Der Titel ist eine Anspielung auf das 1967 erschienene Buch Die Gesellschaft des Spektakels des Franzosen Guy Debord, der als Gesellschaftskritiker die Konsumgesellschaft anprangerte. Er wird hier mit dem Satz „Wo die reale Welt in vereinfachte Bilder verwandelt wird, werden aus diesen einfachen Bildern reale Wesen und die effizienten Motive für hypnotisches Verhalten.“ zitiert. Das klingt ziemlich esoterisch, ist aber ein politisches Statement. Ruedi Baur spricht im gleichen Atemzug von „Demokratie“, die dem Museumsbesucher wiedergegeben werden soll. Die Häuser beschränken sich allerdings nicht nur auf die wahlberechtigten Bürger, sondern besonders auf ihre Sprösslinge. Die Besucher kommen ja als Individuen, nicht um zu wählen, sondern schlichtweg, um sich und ihre Kinder zu unterhalten oder nebenbei zu bilden. Aber wenn hier mit Debord auf uns geschossen wird, dann wird im gleichen Tenor mit Adorno geantwortet. Er schrieb zu etwa derselben Zeit: „Alle Kultur wird zur Ware; Kunst definiert sich über ihren ökonomischen Wert, nicht nach ästhetischen Gesichtspunkten, die für die Analyse des autonomen Kunstwerks der bürgerlichen Gesellschaft eine Rolle spielen.“ Damals tummelten sich jede Menge Neo-Marxisten auf der Bühne des Lebens und polemisierten eine Gesellschaft, die so demokratisch wie noch nie in West-Deutschland in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts war, gerade weil jenseits des Eisernen Vorhangs mit der Planwirtschaft Kultur hergestellt und eine Utopie erträumt wurde. Es gab die berechtigte Angst, dass Kulturgüter zu Konsumgütern verkommen könnten. Guy Deborg schrieb weiter in seiner Voraussetzung Nr. 30 in demselben Buch: „Die Entfremdung des Zuschauers zugunsten des angeschauten Objekts drückt sich so aus: je mehr er zuschaut, um so weniger lebt er; je mehr er sich in den herrschenden Bildern des Bedürfnisses wieder zu erkennen akzeptiert, um so weniger versteht er seine eigene Existenz und seine eigene Begierde.“ Das war eine ziemlich düstere und geringschätzende Einstellung. Aus Eine kurze Geschichte der Menschheit von Yuval Noah Harari entnahm ich: „Die Geschichte der menschlichen Kulturen wurde von drei großen Revolutionen geprägt“, die kognitive Revolution vor etwa 70000 Jahren, die landwirtschaftliche Revolution vor rund 12000 Jahren und die vor knapp 500 Jahren ihren Anfang nehmende wissenschaftliche Revolution. Ihr untergeordnet war die französische Revolution eine gesellschaftspolitische und der summer of love der Hippie-Bewegung in San Francisco des Jahres 1967 und dem Woodstock Festival 2 Jahre später möglicherweise eine musikalische.

„If you’re going to San Francisco,

be sure to wear some flowers in your hair.

If you come to San Francisco,

Summertime will be a love-in there.“

Song San Francisco von The Mamas and the Papa s, performed by Scott McKenzie in 1967.

Die herrschaftliche Verwaltungsform von Kunst und Kultur ist mittlerweile eine Industrie geworden, die gerade auch die Künstler und Intellektuellen nötigt, Artefakte und Wissen in einer Kosten-Nutzen-Relation zu produzieren. Daher befolgen die Institutionen heute weitgehend den Auftrag unserer momentanen Herrschaftsform, die der Auftraggeber auch für die Szenografen ist. Erich Fromm nannte die Ideologie der Kulturindustrie „sozialer Kitt“. Karl Marx geht sogar so weit, im Zusammenhang von eben diesen Konsumgütern von Fetischismus zu sprechen, die religionsähnliche Verehrung von Objekten, die unser Sein und Wohlbefinden bestimmen. Sigmund Freud nannte es schlicht eine „emotionale Fixierungen“ in unserer Gesellschaft und die liese sich vielleicht mit LSD sprich Lysergsäurediethylamid auflösen, was zu dem Zeitgeist dieser vergangenen Epoche passte.

Wie wollen die Künstler nun die nächste Revolution anpacken? Der Szenograf und seine Disziplin sollten allerdings darüber erhaben sein, sich für eine politische Ideologie instrumentalisieren zu lassen, auch wenn das unter dem humanistischen Bildungsanspruch und dem romantischen Befreiuungsideal geschehen würde. Diese Zeiten sind vorbei, aber sie wirken noch stark in unseren Köpfen. Kirchen und Religionen sind seit Jahrhunderten mit der Renaissance, der Aufklärung und den Erkenntnissen der modernen Wissenschaften obsolet geworden. Dieses Vakuum versucht die Gesellschaft mit Kultur zu füllen und hat neue Mythen erfunden, die das Zusammenleben in unseren komplexen Habitaten ermöglichen und für Abwechslung und Genuss sorgen sollen. Da wir uns auf den unschätzbaren und ökonomischen Wert von Kulturgütern geeinigt haben, werden diese als Attraktionen gehandelt und in Museen öffentlich zur Schau gestellt. Und ja, es mutet wie ein Spektakel an und es gib nach wie vor die Angst, dass Kulturgüter zu Konsumgütern verkommen könnten.

Museen und ihre Ausstellungsgestalter haben vorerst die Besucher, für die die Tore der heiligen Hallen geöffnet werden, im Visier und müssen sich allenfalls vor der medialen Kritik und eventuell den Gremien der Kulturbeauftragten verantworten. Wenn Millionen von Besuchern kommen, dann kann man getrost glauben, dass die Politik ein Interesse haben könnte, die Inhalte vorzugeben. Wissen ist nach wie vor in den Händen von Institutionen. Früher waren es die Monarchen, Religionsführer und Universitäten, heute sind es Google & Co. Museen hatten ihren Ursprung in der Antike. Diese gaben ihnen auch den vom altgriechischen Wort μουσεῖον abgeleiteten Namen, was so viel wie Heiligtum der Musen bedeutet und neben anthropologischen und künstlerischen Deponaten auch Bücher und Schriften sammelte. Im Humanismus wurden dann die ersten säkularen Institutionen gegründet. Zweck eines Museums war und ist die fachgerechte und dauerhafte Aufbewahrung von historischen Zeugnissen zu einem bestimmten Thema oder kulturellen Bereich. Diese Sammlungen werden den Besuchern zugänglich gemacht. Schauen wir auf die Geschichte der Museen zurück, dann waren diese vor ein paar Jahrhunderten nur für Adlige, Gelehrte und Studenten der Universitäten zugänglich. Sie gingen oftmals aus Wunder- oder Kunstkammern der Könige, kirchlicher Würdenträger oder Kunstsammlungen der reichen Elite hervor. Heute sind manche Städte gerade für ihre Museen berühmt und es wird eifrig am Image gefeilt, weil das dem Tourismus zuträglich ist. Die größten Museen der Welt sind das Chinesische Nationalmuseum in Beijing , die Hermitage in St. Petersburg , der Louvre in Paris und das Metropolitan Museum in New York City . Das British Museum in London wurde 1759 eröffnet und gilt als das älteste Museum der Welt. Aber auch in unseren deutschen Museen haben wir Dank der Ausstellungsgestaltungen von Atelier Brückner und seinen szenografischen Kollegen mittlerweile einen internationalen Ruf und ziehen Gäste aus der ganzen Welt an. Dies sind wichtige Orte, um sich über die Eigenheiten und Werte von Kulturen zu informieren. Eintrittsgelder sind heute neben staatlicher Förderung wichtiger Bestandteil der Finanzierung. Von der Antike bis ins 19. Jahrhundert war z.B. das Theater der wichtigste kulturelle Treffpunkt in den städtischen Hochburgen. Im 20. Jahrhundert wurde dieser Ort allerdings vom Kino und seit den 50 Jahren vom Fernsehen abgelöst. Leute blieben lieber zu Hause und tranken ihr Bier oder rauchten einen Joint. Um dagegen ein attraktives Angebot bereitzustellen, entstanden ca. 1980 Erlebnismuseen, bei denen die „experience“ und Inhaltevermittlung im Mittelpunkt stand. Dieses Konzept ist nach wie vor der Standard und erlaubt Mitmachen oder Interaktivität. Anders als beim staubigen, klassischen Museum soll das Erlernen nicht mehr primär über Kognition wie Schrift, sondern ganzheitlich mit allen Sinnen erfahren werden. Bei der neuartigen Ausstellungssprache kommen selbstverständlich neueste Technologien zur Anwendung, um die Sinne, Wünsche und Interessen der mediengewohnten Besucher zu befriedigen. Diese Besucherorientierung ist auch betriebswirtschaftlicher und kundenfreundlicher. Sogenannte Science Center unterscheiden sich konzeptionell kaum von Erlebnismuseen. Sie stellen aber keine künstlerisch oder historisch wertvollen Exponate aus, sondern vermitteln wissenschaftliche Erkenntnisse mittels Experimentenaufbauten, die man oft mit einem Knopfdruck auslösen kann. Einen ganz besonderen Reiz stellen die vielen Expos oder Corporate Visitor Centers und Showrooms dar, wo so richtig geklotzt werden darf. Für den Pavillion des nationalen chinesischen Stromversorgers State Grid schaffte Atelier Brückner eine „Magic Box“, die im Jahre 2010 von 3,2 Millionen Besuchern besucht wurde. 17 Millionen LEDs mit einer 20x20 Millimeter Auflösung hinter Diffuser-Paneelen und einer 48-Kanal Tonanlage erlaubten „eine beeindruckende Synchronizität von Bewegtbild, Ton und Narration“.

Ich möchte Ihnen nun den Hauptteil dieses Buchs vorstellen. Was die Bilder und Erklärungen fast genauso gut hinbekommen wie die wirklichen Erlebnisräume in den Ausstellungen, ist ein in-Staunen-versetzen und neugieriges Wissenwollen. Durch diese inszenierten Räume entsteht eine Hyperrealität fern von der gefürchteten Hypnose. Die Themen in den 2 Kapiteln Projekte lesen sich so: Schiffsunglück, Konsumverhalten, erneuerbare Energie, Imagination, Grenzerfahrung, Landesgeschichte, Ausgrabung, Forensik, Handel, Automobil, Ethnologie, Elektrizität, Teilchenbeschleuniger, Textilherstellung, Film, Fabrikgelände, Seefahrt, Europaparlament, Sitzmöbel, Markenerlebnis, Wandmalerei, Energiefeld, Evolutionstheorie, Dampflokomotive, Demografie, Medizintechnik, Bergwelt, Wikingerschiff, Archäologie, Mobilität, Schokolade, Sonnenenergie, Älterwerden, Hutmode, Völkerkunde, Aquarium, Bauernhöfe, Fundorte, Europäische Union, Umnutzung, Chirurgie, Besucherforum, Automobillegende, Biografie, Innovation, Whisky, Uhrwerk, Kulturzentrum, Kunstverein, Ägypten.

Die hervorragend gewählten Bilder und knappen Beschreibungen sprechen ganz für sich alleine.

Auswahl an Pressefotos 1-20 (siehe Bildnachweis)

Der Mittelteil ist der umfangreichen Kreativmethode des Ateliers gewidmet, die Uwe R. Brückner schon explizit in seiner vorangegangenen Monographie Szenografie/Narrative Räume/Projekte 2002-2010 vorstellte. Er kommt aus der Architektur, was sein groß(form)artiges Ästhetikverständnis verrät, und dem Theater, wo er als Bühnenbildner wirkte. Er spricht einleitend über Theater als definierenden Einfluss in der Berufsfindung des Szenograf. Aus dem Altgriechischen leitet sich Szenografie ab von skené, ursprünglich eine Art Kiste, Umkleidekabine oder Vorhang, was Teil der Bühne wurde, und graphein, was schreiben oder malen heißt, also so viel wie eine „Bühne malen“ bedeutet. Mit den neuen Technologien um die Jahrtausendwende kam es zu einer Durchmischung der gestalterischen Disziplinen und einer Fülle von neuen Designoptionen. Sein Credo ist seit Anbeginn „Form folgt Inhalt“ oder form follows content . Davon ausgehend leitet sich seine Arbeitsweise und die des 108-köpfigen Teams ab. Der kreative Prozess, der in Workshops mit den Kunden und Kollaborateuren stattfindet, funktioniert wie ein Algorithmus und orientiert sich an Inhalt-Objekt-Raum-Rezipient-Dramaturgie = Ergebnis. Für die Rezipienten, um die es in erster Linie geht und welche die protagonistischen Exponate betrachten, bedeutet das Sinneswahrnehmung-Emotion-Erkenntnis-Bedeutung = Erlebnis. In der Konzeptphase wird mit der Synopsis und einem Exposé begonnen, dann werden Skizzen, Storyboards, räumliche Gestaltungsvorschläge angefertigt und mediale Elemente wie Grafik, Filmprojektion, Ton, usw. alles zusammen in einer matrixartigen Partitur wie Instrumente oder Stimmen organisiert und durchgespielt, bis die fertige Choreografie als Raum-Zeit-Folge in die Realität umgesetzt wird. Der Besucher eines Museums hat entgegen dem Zuschauer eines Theaterstücks, der in der Regel fest auf seinem Platz sitzt und zuschaut und zuhört, den Vorteil, dass er sich den Objekten nähern und oft sogar um sie herumgehen kann, um so die Eindrücke durch verschiedene Perspektiven zu vertiefen. Licht, Schrift und andere Mittel sind dabei Leitsysteme, um zur bloßen visuellen Wahrnehmung und Raumwirkung Informationen zu liefern, die Aufschluss geben über Entstehungszeit, Anfertigung, vielerlei Bedeutungen, Trivia und als konzeptueller Teil der Gesamtinszenierung der Ausstellung funktionieren. Dafür wählten die Kuratoren die relevanten Exponate und Inhalte aus und engagierten den Szenograf, um einen Parcours anzulegen. Uwe R. Brückner schreibt: „Im Sinne der Besucherführung wird zwischen drei Typen unterschieden: Als „free flow“ wird dem Besucher die Entscheidung überlassen, wie er die Ausstellung durchlaufen und in welcher Reihenfolge er Raum, Inhalte und Objekte erleben möchte. Demgegenüber steht der definierte Parcours, der eine festgeschriebene Route vorgibt und einer bestimmten Dramaturgie folgt“, die chronologisch, thematisch oder topografisch angelegt ist und zuletzt der optionale Parcours, der einer Ideallinie folgt, aber Exkursionen zulässt. Die Architekten und Gestalter im Atelier verstehen sich als Generalisten, die mit dem Bleistift wie auch dem Zollstock oder Hammer umgehen können. Nach in der Regel jahrelangen Planungs- und Bauzeiten, die der Komplexität und dem hohen Qualitätsanspruch geschuldet sind, werden die Hallen geöffnet und hoffentlich gefällt und inspiriert es unsere Bürger.

Was ist Szenografie heute? Eine multimediale Raum-Objekt-Inszenierung. Um was geht es? In der Konzeptphase untersucht das Atelier die Aufgabenstellung und prioritisiert Thema und Inhalte. Dann werden die Protagonisten in eine Geschichte gebettet, die nach Aristoteles Poetik die Konventionen des Geschichtenerzählens und offene Geheimnisse des Dramatischen mit Einleitung-Hauptteil-Schluß oder Exposition-Konflikt-Resolution als Tiefenstruktur verwendet. Der Höhepunkt, die Klimax darf natürlich auch nicht fehlen und da verweist Uwe R. Brückner auf Alfred Hitchcock und sein dramatisches Genie und Wissen um Spannung oder „suspense“. Subtil benutzte Hinweise auf das, was noch kommt, kann eine Geschichte vorantreiben. Die Absicht des Gestalters ist, das Erlebnis in höchstem Masse zu kontrollieren, aber nicht in einem negativen Sinne, sondern um eine originelle Erzählung, ein schlüssiges Gesamtbild und ein Raumerlebnis zu schaffen. Dabei sind die Medien nur Mittel, Instrumente oder Effekte. Auch der Raum spielt eine entscheidende Rolle und will verstanden werden. Was sind „seine Dimensionen, seine Raumhülle, Materialität, und seine Bespielbarkeit … Der Raum wird durch seine Öffnungen wie Eingang und Ausgang, aber auch durch Fenster, die den Raum zu einem Tageslichtraum oder bei Abschottung zu einer Black Box verwandeln, charakterisiert.“ Er bietet auch unser Grammatiksystem und Semantik mit Substantiv/Adjektiv/Verb/Syntax als Analogie und prozessförderndes Ordnungsprinzip an. In dieser reichen Werkzeugkiste und Erfahrungswelt verwandelt sich sein Geschick in Magie.

Skizze 1 von Uwe R. Brückner

Skizze 2 von Uwe R. Brückner

Skizze 3 von Uwe R. Brückner

Szenografen sind durch ihre Ausbildung oder interdisziplinären Interessen in Bereichen wie Architektur, Theater, Oper, Film, Musik, Kunst und Technologie versiert. Sie wählen ihren kreativen Prozess frei aus, um mittels empirischer Erfahrung, aber auch durch Divergenz mutig die Grenzen des Denkbaren und Machbaren zu überschreiten. Daher sind Leute wie Peter Greenaway oder Robert Wilson in vielen unterschiedlichen Domänen zuhause und es entstanden Kunstwerke wie z.B. Filme von Stanley Kubrick, einigen der Mainstream-Regisseure aus Hollywood wie James Cameron oder Architekturen von den Genialen der Neuzeit wie Norman Foster, Frank Gehry oder Coop Himmelb(l)au. Das Atelier Brückner hat es schon lange bewiesen, dass es zu diesen Kreis gehört.

Hier sind noch 2 erhellende Beispiele aus dem Theorieteil:

1) Der Afrikanische Pavillon auf der Expo Saragossa 2008 präsentierte afrikanische Länder in einem der bestehenden Pavillons. Der Pavillon war im Inneren eine Blackbox mit einer visuellen Membran, welche die Inhalte permeabel von innen nach außen transportierte. Die Medienfassade war 6 Meter hoch und 218 Meter lang. Diese bestand aus einem LED-Raster hinter windbewegten transluzenten Plättchen und erlaubte damit zwei Aggregatzustände: Die bedruckten Plättchen zeichneten die Windbewegung wolkenhaft nach. Das dahinterliegende LED-Raster bildete Panoramen mit lebensgroßen Elefanten, Giraffen oder Zebras ab.

Afrikanischer Pavillon, Expo Saragossa, 2008, Pressefotos 21-23 (siehe Bildnachweis)

2) In „That’s Opera“ vom Musikverlag Ricordi in Brüssel wurde 2008 die Struktur einer Partitur als Dauerausstellung inszeniert. Das „Präludium“ beginnt mit dem Durchschreiten mehrerer Vorhänge, hinter denen Musik spielt. Dann folgt der Raum „Libretto“, der an Rodolfos Dachkammer in La Boheme erinnert. Die darauffolgende Schatzkammer „Partitura“ zeigt in respektvoller Stille verschiedene Original von Gaetano Donizetti bis Luigi Nono. Im „begehbaren Orchestergraben“ können die Besucher die Aufführung verschiedener Opern an einer interaktiven Partitur verfolgen. Über die „Scenografia“ mit Bühnenbildern und der Schneiderei ”Voci é Costumi“ gelangen die Besucher zur „Rappresentazione“, der Aufführung einer 13-minütigen „Aida“ Fassung mit Panorama-Raumprojektion.

That’s Opera, Musikverlag Ricordi, Brüssel, 2008, Pressefotos 24-26 (siehe Bildnachweis)

Uwe R. Brückner und sein Team sind Überbringer von Botschaften und Wegweiser oder Weise des Weges, den sie sorgsam durch die vorhandenen oder neu gebauten Räume planen und somit einen gewollten, sinnvollen Zusammenhang zwischen Objekten, ihren Geschichten und der Welt schaffen.

Bildnachweis:

1) BMW Museum, München, 2008, BMW Platz , Foto: Marcus Meyer 2) Deutsche Börse, Frankfurt am Main, 2008, Umgestaltung Handelssaal, Vogelperspektive , Foto: Uwe Dettmar 3) Rautenstrauch-Joest-Museum, Köln, 2010, Prolog , Foto: Michael Jungblut 4) Magic Box, State Grid Pavilion, Expo Shanghai, 2010, State Grid Pavillon–Außenansicht Nacht–Detail , Foto: Roland Halbe 5) tim - Staatliches Textil- und Industriemuseum, Augsburg, 2010, Textil Endfertigung , Foto: Volker Mai 6) Deutsches Filmmuseum, Frankfurt am Main, 2011, Functional Models, Foto: Uwe Dettmar 7) Het Scheepvaartmuseum – Object Galleries, Ostflügel, Amsterdam, 2011, Globen , Foto: Michael Jungblut 8) Parlamentrium, Besucherzentrum des Europäischen Parlaments, Brüssel, 2011, United in Diversity, Foto: Rainer Rehfeld 9) TextilWerk Bocholt – Spinnerei, 2011, Außenansicht bei Nacht , Foto: Mac Tanó 10) Darwineum, Rostock, 2012, Themenkabinett: Baupläne des Lebens , Foto: Michael Jungblut 11) GS Caltex Pavilion, Expo Yeosu, Korea, 2012, Interaktive Blades , Foto: Nils Clauss 12) Kusch+Co Messestand, Milan Design Week, 2012, Installation , Foto: Michael Jungblut 13) Aesculap Akademie – Expertisium, Bochum, 2013, Großinstallation Mensch , Foto: Brigida González 14) Haus der Berge, Berchtesgaden, 2013, Lebensraum Wald – Winter , Foto: Michael Jungblut 15) Zukunft leben: Die demografische Chance, Berlin, 2013, Übersicht , Foto: Michael Jungblut 16) MEG - Musée d'ethnographie de Genève, Genf, 2014, MEG I Archiv , Fotos: Daniel Stauch 17) Shanghai Auto Museum – Collection Pavilion, Shanghai, China, 2014, Collection Pavilion , Foto: Shanghai Auto Museum 18) Den Blå Planet, Kastrup, Dänemark, 2015, Zustand der Ozeane , Foto: Klaus Reinelt 19) Museum Tiroler Bauernhöfe, Kramsach, Österreich, 2015, Pavillon Herrschaft , Foto: Gabriele Grießenböck 20) August Horch Museum, Zwickau, 2017, Automobil trifft Architektur, Foto: Daniel Stauch 21) E2, 22) E2 Detail , Foto: Luis Asin 23) E2 Detail , Foto: Claudia Luxbacher 24) Modell Aufsicht, 25) Prolog, 26) Partitur , Foto: A. T. Schaefer


Scenography / Szenografie 2

Staging Space / Der Inszenierte Raum

Atelier Brückner

432 pages / Seiten

Birkhäuser Verlag GmbH, Basel, 2019

Price $ 85.37 / Preis 59,95 €

Englische Übersetzung / english translation:

Messengers and Pathfinders

Book review by Hans Pfleiderer, March 7th 2019

The new monograph Scenography / Szenografie 2 - Staging Space / Der Inszenierte Raum describes the creative period of the last 21 years of the scenographer and spectacular museum design specialist Prof. Uwe R. Brückner and his studio since the company was founded in 1997. The 432-page volume, a reference work of his design theory, consists of two blocks of project descriptions from 1997-2013 and 2014-2018 and frames the 142 page long middle section philosophy.

Isn’t it strange today to go to the museum? The historian Hans Peter Schwarz quotes Thomas Bernhard in Frank den Oudsten's similarly ambitious book on scenography space.time.narrative: the exhibition as post-spectacular stage : "People only go to the museum because they’ve been told that’s what a civilised person has to do, not out of interest. People aren’t interested in art.“ Let's see.

The preface to the present book has the heading Atelier Brückner and the Society of the Spectacle and was written by the Swiss graphic designer Ruedi Baur, who worked with Uwe R. Brückner on projects and in teaching. The title is an allusion to the 1967 published book The Society of the Spectacle of the French Guy Debord, who denounced as a social critic the consumer society. He is quoted here as saying „For one to whom the real world becomes real images, mere images are transformed into real beings - tangible figments which are the efficient motor of trancelike behaviour.“ That sounds pretty esoteric, but it's in fact a political statement. Ruedi Baur speaks in the same breath of "democracy", which has to be handed back to the museum visitor. However, the venues are not limited to the eligible citizens, but especially to their offspring. The visitors come as an individual, not to vote, but simply to entertain themselves or their children or rather educate themselves. But if you shoot at us with Debord here, you'll be answered equally with Adorno. He wrote around the same time: "All culture becomes commodity; Art is defined by its economic value, not by aesthetic considerations, which play a role in the analysis of the autonomous artwork of bourgeois society.“ At that time, many neo-Marxists romped on the stage of life and polemicized a society as democratic as never before in West Germany of the second half of the twentieth century, precisely because beyond the Iron Curtain centralised plan economy manufactured culture and an utopia was dreamed up. There was a justified fear, that cultural goods could become consumer goods. Guy Deborg went on to write in the same book, statement no. 30: "The estrangement of the viewer in favour of the object being viewed expresses itself as follows: the more he watches, the less he lives; the more he accepts to recognize himself in the prevailing images of need, the less he understands his own existence and his own desire.“ That was a rather gloomy and disparaging attitude. From A Brief History of Humanity by Yuval Noah Harari I deduced: "The history of human cultures was shaped by three major revolutions," the cognitive revolution some 70,000 years ago, the agricultural revolution some 12,000 years ago, and the scientific revolution since 500 years ongoing. As derivates there were the French Revolution , which was sociopolitical, and the summer of love of the hippie movement in San Francisco of 1967 and the Woodstock Festival 2 years later possibly a musical one. The stately administrative form of art and culture has meanwhile become an industry that is also compelling artists and intellectuals to produce artefacts and knowledge in cost-benefit manner. Therefore, the institutions today largely follow the order of our current form of governance, actually the client for the scenographers. Erich Fromm called the ideology of the cultural industry "social cement". Karl Marx even goes so far as to speak of fetishism in the context of consumer goods, the religion-like worship of objects that determine our existence and well-being. Sigmund Freud called it simply an "emotional fixations" in our society and that could perhaps be dissolve and treated with LSD aka Lysergsäurediethylamid, which expressed the Zeitgeist of this past epoch.

How do the artists want to tackle the next revolution? The scenographer and his discipline, however, should be beyond submitting to political ideology, even if that would happen under the humanistic educational motives and the romantic ideal of liberation. These times are over, but they are still stuck in our heads. Churches and religions for centuries already have become obsolete during the Renaissance, the Enlightenment and the findings of modern science. This vacuum society tries to fill with culture and has invented new myths that allow us to live together in our complex habitats peacefully and to provide distraction and pleasure. Since we have agreed on the incalculable and economic value of cultural goods, they are traded as attractions and publicly displayed in museums and elsewhere. And yes, it seems like a spectacle and there is still the fear, that cultural goods could become consumer goods.

For the time being, museums and their exhibition designers have been keeping an eye on the visitors for whom the gates of the hallowed halls have been opening and, if needed, have to answer to media criticism and possibly the boards of cultural commissioners. When millions of visitors come, one can confidently believe, that politics may have an interest in dictating content. Knowledge is still in the hands of institutions. It used to be the monarchs, religious leaders and universities, today it's Google & Co. Museums had their origins in antiquity. These also gave them the name derived from the ancient Greek word μουσεῖον, which means as much as the S anctuary of the Muses and in addition to anthropological and art items also collected books and other writings. In humanism, the first secular institutions were founded. The purpose of a museum has been the professional and permanent preservation of historical evidence on specific topics or cultural areas. These collections are made available to visitors. If we look back at the history of museums, a few centuries ago they were accessible only to nobles, scholars and university students. They often came out of miracle or art chambers of kings, church dignitaries, or art collections of the rich elite. Today, some cities are famous for their museums, and they are busily working on their image because that is conducive to tourism. The largest museums in the world are the Chinese National Museum in Beijing , the Hermitage in St. Petersburg , the Louvre in Paris and the Metropolitan Museum in New York City . The British Museum in London opened in 1759 and is considered the oldest museum in the world. But also in our German museums, thanks to the exhibition designs of Atelier Brückner and his scenographic colleagues, we now have an international reputation and attract guests from all over the world. These are important places to learn about the peculiarities and values ​​of cultures. Entrance fees are nowadays an important component of financing alongside state funding. From antiquity to the 19th century, for example, theatre was the most important cultural meeting place in the urban dwellings. In the 20th century, however, this locus was replaced by the cinema and television since the 50 years. People preferred to stay home and drink beer or smoke a joint. In contrast, in order to provide an attractive offer, around 1980 experience museums were created in which the focus was on this very "experience" and content mediation. This concept has been the standard and allows participation or interactivity. Unlike the dusty, classical museum, learning is no longer to be experienced primarily through cognition like deciphering type, but holistically with all the senses. It goes without saying that the latest technologies are used in the new exhibition language in order to satisfy the senses, wishes and interests of media-savvy visitors. This visitor orientation is also more business-minded and customer-friendly. Conceptually, so-called science centres hardly differ from experience museums. However, they do not display any artistically or historically valuable exponats, but convey scientific findings using experimental setups that can often be triggered with the push of a button. The many Expos or Corporate Visitor Centres and Showrooms are a very special attraction, too, where there are big budgets to spend. For the pavilion of the national Chinese electricity supplier State Grid Atelier Brückner created a "Magic Box", which was visited in 2010 by 3.2 million visitors. 17 million LEDs with a 20x20 millimetre resolution or pixel gate behind diffuser panels and a 48-channel audio system allowed "an impressive synchronicity of moving images, sound and narration“.

I would now like to introduce you to the main part of this book now. The pictures and explanations match the real experience spaces in the exhibitions, creating amazement and curiosity for knowledge. These staged spaces create a hyperreality far from scary hypnosis. The topics in the 2 chapters projects are: Shipwreck, Consumerism, Renewable Energy, Imagination, Borderline Experience, History, Excavation, Forensics, Commerce, Automotive, Ethnology, Electricity, Particle Accelerator, Textile Production, Film, Factory, Maritime, European Parliament, Chairs, Brand Experience, Mural Painting, Energy Field, Theory of Evolution, Steam Locomotive, Demography, Medical Engineering, Mountain World, Viking Ship, Archeology, Mobility, Chocolate, Solar Energy, Aging, Hat Fashion, Ethnology, Aquarium, Farms, Locations, European Union, Conversion, Surgery, Visitor Forum, Automotive Legend, Biography, Innovation, Whiskey, Clockwork, Cultural Centre, Art Association, Egypt. The excellently chosen pictures and concise descriptions speak for themselves.

The middle part is dedicated to the extensive creative method of the studio, which Uwe R. Brückner already explicitly presented in his previous monograph Scenography / Szenografie Making spaces talk / Narrative Räume Projects / Projekte 2002-2010. He comes from architecture, which explains his profound understanding of aesthetics, and theatre, where he worked as a set designer. He talks about theatre as a defining name-giving source for the invention of the profession scenographer. From ancient Greek, scenography is derived from skené , originally a kind of shed, dressing room or curtain, which became part of the stage, and graphein , which means writing or painting, combined to ”painting a stage . With the new technologies around the turn of the millennium came a fusion of creative disciplines and a flood of new design options. His credo has always been "form follows content". Based on this, his working method and that of his committed team of 108 employees are derived. The creative process, which takes place in workshops with the clients and collaborators, works like an algorithm and is oriented to content-object-space-recipient-dramaturgy = outcome . For the recipients, who are of primary concern and view or experience the exhibition protagonists, this means sensory perception-emotion-knowledge-meaning = experience . In the concept phase, a synopsis and an exposé are written, then sketches, storyboards, spatial design proposals are made and media elements such as graphics, film projection, sound, etc. added. All together are put into a matrix-like score organized like instruments or voices and rehearsed until it amounts to the finished choreography, which will be implemented and coming as a space-time sequence into fruition. Visitors to a museum have the advantage of being able to view and approach objects, and perhaps even walk around them in order to gain impressions from different perspectives, whereas the spectator of a play is usually sitting in his seat watching and listening. Lighting, graphics and other means are guiding systems for the mere visual perception and spatial effect, which can provide information about the artefact’s time of origin, production details, context, trivia and its function as a conceptual part of the overall staging of the exhibition. For this, the curators selected the relevant exponats and content and hired the scenographer to set up a parcours . Uwe R. Brückner writes, that there are three types of routing: with "free flow“ it is left to the visitor to decide how to go through the exhibition and in what order he wants to experience space, content and objects. On the other hand there is the defined parcours , which prescribes a fixed route and follows a certain dramaturgy arranged either chronologically, thematically or topographically. Finally there is the optional track, which follows an ideal path, but allows for excursions. The architects and designers in the studio see themselves as generalists who can handle a pencil as well as a ruler or hammer. After many years of planning and construction, which are due to the complexity and the high quality standards, the venues are opened and hopefully please and inspire our citizens.

What is scenography today? A multimedial space-object staging or scenario. What is it about? In the concept phase, the Atelier examines the task and prioritizes topic and content. Then the protagonists are embedded in a story that, according to e.g. Aristotle's poetics, might use the conventions of storytelling and open secrets of drama with beginning-middle-end or exposition-conflict-resolution as its spinal structure. Of course, a climax should not be absent. Uwe R. Brückner refers here to Alfred Hitchcock and his dramatic genius and ”suspense“. Subtly used clues to what is yet to come, can drive a story forward. The intention of the designer is to control the environment to the highest degree, but not in a negative sense, but to create an original narrative, a coherent overall picture and a spatial experience. The media gadgets are only auxiliary means, instruments or effects. The room also plays a crucial role and needs to be coherent. What are "its dimensions, its space envelope, materiality, and its playability ... The room is characterized by its openings like entrance and exit, but also by windows, which turn the room into a daylight room or, in the case of being blocked off, into a black box." He also utilizes our grammar system and semantics with noun / adjective / verb / syntax as an analogy and process-driving ordering principle. This rich toolbox and world of experience transforms his skill into magic.

Scenographers are well versed through their professional training and interdisciplinary expertise in areas such as architecture, theatre, opera, film, music, art and technology. They freely choose their creative process in order to boldly transcend the limits of what is thinkable and feasible through empirical experience, but also through divergence. Therefore, colleagues like Peter Greenaway or Robert Wilson are at home in many different domains, and works of art such as films by Stanley Kubrick and some of Hollywood's mainstream directors like James Cameron or modern genius architects like Norman Foster, Frank Gehry or Coop Himmelb(l)au share the same proficiency. Atelier Brückner has long proven that they belong to this circle.

Here are 2 illuminating examples illustrated in the theoretical part:

1) The African Pavilion at Expo Zaragoza 2008 presented African countries in one of the existing pavilions. Inside, the pavilion was a black box with a visual membrane that carried the contents permeably from inside to outside. The media façade was 6 meters high and 218 meters long. This consisted of an LED grid behind wind-driven translucent platelets and thus allowed two aggregate states: The printed platelets produced a cloud-like wind movement. The underlying LED grid formed panoramas of life-size elephants, giraffes or zebras.

2) In 2008, the structure of a music score was staged in "That's Opera" by music publisher Ricordi in Brussels. The area "prelude" begins with passing through several curtains behind which music plays. Then follows the room "Libretto", reminiscent of Rodolfo's attic in La Boheme. The subsequent treasury chamber "Partitura" shows in respectful silence different original scores from Gaetano Donizetti to Luigi Nono. In the "walk-in orchestra pit" visitors can follow the performance of various operas with an interactive score. Passing through "Scenografia" with stage sets and ”Voci é Costumi“ being a tailor shop visitors arrive at the "Rappresentazione", the performance of a 13-minutes "Aida" version with panorama projection.

Uwe R. Brückner and his team are messengers and pathfinders paving the way, which they carefully plan through the existing or newly built spaces and thus create a deliberate, meaningful connection between objects, their stories and the world.

Scenography / Szenografie 2

Staging Space / Der Inszenierte Raum

Atelier Brückner

432 pages

Birkhäuser Verlag GmbH, Basel, 2019

Price $ 85.37 / Preis 59,95 €

Schreibkram - paperwork

von Hans Pfleiderer 14. April 2025
Ein kritischer Essay über Michail Chodorkowskis „Wie man einen Drachen tötet: Handbuch für angehende Revolutionäre"
von Hans Pfleiderer 10. April 2025
The novel The Great Gopnik (Большой Гопник) by Viktor Yerofeyev is a biting satire that describes the influence of the Gopnik-spirit on Russian society: From the streets to the Kremlin, a mentality of ruthlessness, opportunism and strength at all costs reigns. Chapter 1: Introduction In this book, Viktor Jerofejew describes a dark and satirical vision of today's Russia. The title refers to the figure of the "gopnik", a common stereotype in Russia of a petty criminal, usually an unemployed and violent young man from the lower classes, often in tracksuits and with a penchant for brute force. Yerofeyev means an exaggerated, almost mythical version of this type - an embodiment of brutal power that extends to the highest political and social levels. It is a metaphor for the current Russian state leadership, which rules through authoritarian methods, intimidation, corruption and violence. Some interpretations see this figure as an allusion to President Vladimir Putin and Russia's political system, which is increasingly permeated by mob-style structures. It tells of Putin's unstoppable rise to the top of the state and presents him as the embodiment of this species of rowdy, who sees the Russian empire as a kind of fairytale world that needs to be saved from the influences of Europe and America. At the same time, the author himself acts as his antagonist and offers a literary explanation for current events in Russia. The novel is divided into short chapters, that alternate between different perspectives, time frames and layers of meaning. This structure reflects the complexity and chaos of Russian reality. A reoccurring hint the size of a billboard is the date of February 24, 2022, the day of the Russian attack on Ukraine, runs like a thread through the book and is reflected in italicized passages that express the author's thoughts and feelings. Overall, the book offers an in-depth analysis of Russian society and its political leadership, wrapped up in a literary work that combines elements of autobiography, essay and fiction, a masterful and compelling novel that explores the human and systemic drama of today’s Russia, set against a backdrop of chaos, transformation, and deep societal unrest. Chapter 2: The Joycean attempt riffing on unfamiliar words Moscow under a sky like wet fabric over dull gold Ivan Tsarevich steps through glass into a city that has forgotten him or knows him too well no music only machines breath of metal shadows await the air as heavy as oil his heart beats out of sync with the times no star only neon that never blinks cold fingers grasp rules bend through corridors without doors faces mute voices hollow the Great Gopnik towers over maps without people only borders only blood Ashes fall like snow, tanks roll by, a woman stands with a child, breath freezes, hunger does not, Alexei falls, the film continues, the hero becomes a number, is forgotten, men freeze in cells without light, their breath paints shadows in a system that knows no people, only guilt. Then, much later, the news out of nowhere: Alexei Navalny is dead, they say, but the name lives on in whispers. Ivan rides through forests, through nights, through a Russia that may awaken or may never! And so the fairy tale ends The great Gopnik sits on bones In front of him, maps without people Only borders, ice, blood Smoke rises like snow While houses burn Streets empty A woman with a child Breath frozen, hunger hot A power plant falls Sparks extinguish Snow on the ruins and dead Alexei falls Uniforms await The hero becomes a number, is forgotten Men freeze in cells Their bodies only guilt in the system Later the news hits Alexei Navalny is dead they say But what is death When the name continues to whisper Chapter 3: Literary influences The grotesque legacy of Russian literature rumbles in Viktor Yerofeyev's work. He is a literary master blaster. His novels and essays unfold like an abysmal carnival festival in which violence, madness and sarcasm collide. But his work does not exist in a vacuum - it is deeply rooted in Russian and European literary history. Six great writers have influenced his style, and in each of their characters there is an echo of Yerofeyev's over-the-top narrative style. Yerofeyev combines these influences to create an independent style that oscillates between satire, philosophy and radical provocation. Viktor Yerofeyev stands in the tradition of the Russian literary avant-garde and absurd realism. His most important role models and influences are: a. The devil as playmaker: Mikhail Bulgakov, especially The Master and Margarita with its mixture of satire, fantasy and social criticism, influenced Yerofeev's style. The grotesque depiction of Soviet reality and the playful use of the absurd can also be found in Yerofeyev's work. Hardly any other author has woven the grotesque into Russian literature as artfully as Mikhail Bulgakov. In The Master and Margarita, the devil Voland and his demonic troupe create chaos in Moscow and expose the hypocrisy of Soviet society. Yerofeyev follows this model when he stages the Russian present as a grotesque circus in The Great Gopnik, in which power and anarchy become blurred. His characters are often diabolical figures who destroy the system with sadistic relish - not unlike Woland's henchman, the talking cat Behemoth, who shoots guns and cracks jokes about hell. b. The madness of everyday life: Daniil Charms, the Russian avant-gardist and founder of absurd realism, had a great influence on Yerofeyev. His short, often surreal texts full of violence, humor and nihilism are reflected in Yerofeyev's fragmentary, often grotesque narrative style. The master of the literary absurd has created a world in which people simply disappear, dissolve or fall from windows - not for dramaturgical reasons, but because the logic of reality is suspended. His short text A Certain Old Man tells the story of an old man who falls over and dies without warning - just like that. Yerofeyev uses this principle of sudden, senseless violence in many scenes in his work. In The Great Gopnik, a minor character is killed in mid-sentence as if he were an annoying fly - life in Russia is random, brutal and without compassion. c. Man's lost souls: Nikolai Gogol is known for his satirical exaggeration of characters and the absurd depiction of bureaucracy and power structures. No one has exposed the absurd bureaucracy of Tsarist Russia as farcical as Nikolai Gogol. In The Nose, a civil servant wakes up to find that his own nose has disappeared - and even worse: it is on the loose in St. Petersburg and is making a career for itself. The grotesque powerlessness of man in the face of an opaque system is a theme that Yerofeyev continues to explore. His characters do not fight against ghosts or demons, but against a Russian reality that is just as unpredictable and mocking as Gogol's overdrawn bureaucrats. d. The cabinet of Fyodor Dostoyevsky: The psychological depth and existential struggle with morality, guilt and chaos in works such as The Idiot and The Demons in particular influenced Yerofeyev's dark, philosophical reflections on his torn Russian soul. If there is a literary tradition that illuminates the inner abyss of man, it is that of Fyodor Dostoyevsky. In The Demons, a revolutionary murder becomes a farce because the perpetrators themselves do not know whether they are fighting for what is right or simply murdering. Yerofeyev continues this tradition by creating characters who teeter between megalomania and nihilism. In The Great Gopnik, a small-time crook suddenly becomes a politician - not because he is convinced or interested in power, but because circumstances drive him into this role. Like Dostoyevsky's Kirillov, who wants to kill himself to prove his absolute freedom, Yerofeyev's hero stumbles from one existential catastrophe to the next. e. Venedikt Yerofeyev and the Art of Drinking as Philosophy: One author with whom he is often confused is Venedikt Yerofeyev, who in the cult novel Moscow - Petushki lets a drunken, melancholy narrator stagger through the Soviet provinces. With his alcohol-soaked, poetic and tragicomic prose, this author left behind a legacy, a literary image of Soviet and post-Soviet neglect, which is also in streaks present in The Great Gopnik. His hero philosophizes about love, power and alcohol while getting drunk on spirits. Viktor Jerofejew's protagonists are very often alcoholics, but in his case the drunkenness turns into sheer violence. Where Venedikt Jerofejew still finds a tragicomic poetry, Viktor Jerofejew depicts a dehumanized world in which drinking is no longer rebellion, but merely survival. f. Franz Kafka and Jean-Paul Sartre: The absurdity of existence and the feeling of existential forlornness—central to the works of Kafka and Sartre—resonate in Yerofeyev’s portrayal of Russian society as a theater of the absurd. His Gopnik staggers through a meaningless system, fueled by vodka, poetry, and philosophical despair. Sartre’s famous line, “L’enfer, c’est les autres” (“Hell is other people”), from his play No Exit (Huis clos, 1944), captures the existential torment of being defined by the gaze of others. We are “prisoners” and our identities shaped and judged externally, which can become a form of psychological torture. Kafka anticipated similar ideas exploring how anonymous, inscrutable systems oppress the individual. In The Trial, Josef K. is condemned without knowing why—a symbol of how external forces, whether social or bureaucratic, strip away autonomy. To conclude, Viktor Yerofeyev's The Great Gopnik is characterized by a provocative, satirical and absurd writing style. His narrative is often fragmentary, exaggerated and full of grotesque exaggerations. He uses a laconic yet poetic language that oscillates between vulgar directness and philosophical reflection. He plays with excesses, crude comedy and surreal images to expose social and political grievances in Russia. He works with a mixture of black humor, existential despair and a certain playful resignation. His style is reminiscent of a mixture of Russian underground, postmodern satire and absurdist theater. His way of depicting Russian reality as a kind of grotesque carnival in which violence, power and chaos condense into an absurd farce is particularly striking. His work is a mirror in which not only Russia, but the entire modern world recognizes itself in its absurdity - and perhaps even laughs, albeit bitterly.
von Hans Pfleiderer 9. April 2025
Der Roman Der Große Gopnik (Большой Гопник) von Viktor Jerofejew ist eine bissige Satire, die den Einfluss des “Gopnik-Geistes” auf die russische Gesellschaft beschreibt: Von der Straße bis in den Kreml regiert eine Mentalität der Rücksichtslosigkeit, des Opportunismus und der Stärke um jeden Preis. Kapitel 1: Einleitung In diesem Buch beschreibt Viktor Jerofejew eine düstere und satirische Vision des heutigen Russlands. Der Titel verweist auf die Figur des “Gopnik”, ein in Russland verbreitetes Stereotyp eines kleinkriminellen, meist arbeitslosen und gewalttätigen jungen Mannes aus der Unterschicht, oft in Trainingsanzügen und mit einer Vorliebe für rohe Gewalt. Mit dem “Großen Gopnik” meint Jerofejew eine übersteigerte, fast mythische Version dieses Typs – eine Verkörperung brutaler Macht, die sich bis in die höchsten politischen und gesellschaftlichen Ebenen erstreckt. Es ist eine Metapher für die gegenwärtige russische Staatsführung, die sich autoritärer Methoden bedient und durch Einschüchterung, Korruption und Gewalt herrscht. Manche Interpretationen sehen in dieser Figur eine Anspielung auf Wladimir Putin und das politische System Russlands, das zunehmend von mafiösen Strukturen durchzogen ist. Erzählt wird von Putins unaufhaltsamem Aufstieg und stellt ihn als Verkörperung des “Großen Gopnik” dar, der das russische Imperium als eine Art Märchenwelt sieht, die es vor den Einflüssen Europas und Amerikas zu retten gilt. Gleichzeitig fungiert der Schriftsteller Viktor Jerofejew als sein Gegenspieler und bietet eine literarische Erklärung für die aktuellen Ereignisse in Russland. Der Roman ist in kurze Kapitel unterteilt, die zwischen verschiedenen Perspektiven, Zeitebenen und Bedeutungsebenen wechseln. Diese Struktur spiegelt die Komplexität und das Chaos der russischen Realität wider. Der 24. Februar 2022, der Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine, zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch und wird in kursiv gesetzten Passagen reflektiert, die die Gedanken und Gefühle des Autors zum Ausdruck bringen. Insgesamt bietet “Der Große Gopnik” eine tiefgehende Analyse der russischen Gesellschaft und ihrer politischen Führung, verpackt in ein literarisches Werk, das Elemente von Autobiografie, Essay und Fiktion miteinander verbindet. Es ist ein imposanter Roman über das Drama des heutigen Russland. Kapitel 2: Ein Joycesche Dichtungsversuch Moskau unter einem Himmel wie nasser Stoff über mattem Gold Iwan Zarewitsch tritt durch Glas in eine Stadt die ihn vergessen hat oder ihn zu gut kennt wo keine Musik nur Maschinen Atem aus Metall Schatten erwarten die Luft so schwer wie Öl und sein Herz schlägt nicht im Takt der Zeit kein Stern nur Neon das nie blinkt unter kalten Fingern nach Regeln greifend beugen sich durch Korridore ohne Türen dumme Gesichter stumme Stimmen hohl huch der große Gopnik thront über Karten ohne Menschen er sieht nur Grenzen nur Blut Asche fällt wie Schnee Panzer rollen vorbei eine Frau steht mit einem Kind da der Atem gefriert der Hunger nicht Alexei ist schwach und fällt der Film geht weiter der Held wird zu einer Nummer wird vergessen Männer frieren in Zellen ohne Licht ihr Atem zeichnet Schatten in einem Korb das keine Menschen kennt nur Schuld dann viel später die Nachricht aus dem Nichts Alexei Navalny ist tot heißt es aber der Name lebt im Flüsterton weiter Iwan reitet durch Wälder durch Nächte durch ein Russland das vielleicht erwacht oder vielleicht nie
von Hans Pfleiderer 30. März 2025
Der Populismus ist ein immer wiederkehrendes Phänomen. „Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.“ Dieses oft Mark Twain zugeschriebene Zitat beschreibt treffend die aktuelle politische Lage in Deutschland und Europa. Populismus ist keine neue Erfindung, sondern ein Phänomen, das in Zeiten der Unsicherheit immer wieder an Kraft gewinnt. Er lebt von Ängsten, Krisen und dem Misstrauen gegenüber den Eliten – und genau diese Bedingungen sind derzeit gegeben. Während Deutschland auf die nächsten Wahlen zusteuert, stehen viele Menschen vor der Frage: Weiter so oder ein radikaler Wandel? Die Ampel-Koalition taumelt von einer Krise in die nächste, die Wirtschaft stagniert, und viele Bürger fühlen sich von der Politik nicht mehr repräsentiert. In diesem Klima florieren populistische Strömungen, die einfache Antworten auf komplexe Fragen versprechen. Doch ist das wirklich der Ausweg? Und der Populismus ist eine historische Konstante. „Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf.“ Dieser Satz, der oft Gustav Heinemann zugeschrieben wird, mahnt zur Wachsamkeit gegenüber populistischen Bewegungen, die mit demokratischen Mitteln an die Macht kommen – aber oft wenig Interesse an demokratischen Prinzipien haben. Schon in der Antike nutzten Demagogen in Athen und Rom die Unzufriedenheit des Volkes, um gegen die herrschenden Eliten zu mobilisieren. In der Weimarer Republik waren es sowohl linke als auch rechte Populisten, die das Vertrauen in die Demokratie untergruben. Heute erleben wir eine neue Welle: In Deutschland, Frankreich, Italien, den USA – überall gewinnen populistische Parteien an Einfluss. Populisten teilen dabei stets eine zentrale Erzählung: „Wir gegen die da oben.“ Sie präsentieren sich als Stimme des „wahren Volkes“ gegen eine abgehobene Elite, die angeblich die Interessen der einfachen Bürger verrät. Dabei bieten sie einfache Lösungen an, die in der Realität oft nicht umsetzbar sind. Wenn die Mitte versagt, jubeln die Extreme. Ein Blick in den Bundestag zeigt, wie weit die politische Debatte inzwischen eskaliert. Wer sich die Redebeiträge der letzten Monate angehört hat, dem dürfte besonders der Auftritt eines bekannten FDP-Abgeordneten im Gedächtnis geblieben sein, der die Grünen als „wirtschaftsfeindliche Verbotspartei“ bezeichnete – und dabei sogar Applaus aus Reihen der CDU erhielt. Ein Bruch mit den bisherigen Koalitionspartnern, der nicht mehr kaschiert werden konnte. Wenige Wochen später konterte ein grüner Minister mit einer kaum verhohlenen Drohung: „Wenn wir nicht konsequent handeln, werden künftige Generationen uns nicht nur unsere zögerliche Klimapolitik vorwerfen, sondern auch den Verrat an der Demokratie.“ Man fragt sich, ob diese Regierung überhaupt noch eine gemeinsame Linie finden kann. Einer der denkwürdigsten Momente des vergangenen Jahres war jedoch eine Rede des AfD-Politikers Björn Höcke, der im Bundestag gegen die Ampel wetterte, während die Regierungsbank schweigend zusah. Die üblichen Empörungsrufe aus der Opposition verpufften – die AfD hatte die Bühne, die sie sich wünschte. Solche Momente zeigen, wie sich das politische Klima verändert hat: Während die etablierte Politik mit sich selbst ringt, nutzen die Populisten geschickt die Schwächen des Systems. Der gegenwärtige Populismus gärt in Deutschland und Europa gleichermaßen. „Die Mitte wird kleiner, die Extreme werden lauter.“ Dieser Trend zeigt sich in vielen Ländern Europas, aber besonders in Deutschland. Die wirtschaftliche Unsicherheit der letzten Jahre hat tiefe Spuren hinterlassen. Die Energiekrise, der Fachkräftemangel und die hohe Inflation belasten viele Haushalte und Unternehmen. Zugleich haben Themen wie Migration, Klimaschutz und Identitätspolitik die Gesellschaft tief gespalten. Wer sich nicht gehört fühlt, sucht nach Alternativen – und findet sie oft bei populistischen Parteien. In Deutschland ist es vor allem die AfD, die von dieser Entwicklung profitiert. Sie inszeniert sich als Partei der „Vergessenen“, obwohl ihre Lösungen meist nur aus Protest bestehen, nicht aus konstruktiver Politik. Doch auch in anderen politischen Lagern gibt es populistische Strömungen, die auf Vereinfachung und Polemik setzen, statt komplexe Herausforderungen realistisch anzugehen. Der Bruch der Ampel könnte man die Selbstzerstörung einer Koalition nennen. „Drei Parteien, drei Richtungen, null Gemeinsamkeiten.“ So könnte man die Ampel-Koalition auf den Punkt bringen. Von Anfang an war dieses Bündnis ein Zweckbündnis, nicht eine Koalition der Überzeugung. SPD, Grüne und FDP stehen für sehr unterschiedliche politische Ansätze – und das zeigt sich in ihrer Regierungsarbeit. Kaum ein zentrales Thema, bei dem sich die Ampel einig ist. Wirtschaftspolitik? Die FDP fordert Steuersenkungen, die Grünen setzen auf Transformation, die SPD sucht einen sozialen Ausgleich. Migration? Ein ständiges Tauziehen zwischen Realpolitik und Idealismus. Energiepolitik? Ein Flickenteppich aus Kompromissen, die niemanden wirklich zufriedenstellen. Und das Ergebnis ist naheliegend: Blockade, Frust und schwindendes Vertrauen in die Regierung. Ein Regierungsbündnis, das sich in öffentlichen Streitigkeiten zerlegt, stärkt letztlich nur die politischen Ränder. Die Menschen sehen eine Regierung, die nicht handelt, und wenden sich Alternativen zu. Doch wer glaubt, dass Populisten die besseren Antworten haben, irrt: Laut sein ersetzt keine Lösungen. Deutschland vor der Wahl: Wer übernimmt die Verantwortung? „Wer keine Vision hat, darf nicht führen.“ Deutschland steht mal wieder an einem Scheideweg. Die nächsten Wahlen werden darüber entscheiden, ob das Land einen pragmatischen Kurs in der Mitte einschlägt oder weiter in die politische Polarisierung abrutscht. Es gibt große Herausforderungen: Wirtschaftliche Stagnation, Fachkräftemangel, soziale Ungleichheit, Klimawandel, geopolitische Unsicherheiten. Diese Probleme lassen sich nicht mit einfachen Parolen lösen. Was nötig ist, sind pragmatische Lösungen, politische Führung und ein offener Dialog, der die Gesellschaft wieder zusammenführt. Dafür braucht es eine Politik, die nicht nur verwaltet, sondern gestaltet. Eine Regierung, die nicht in Krisenmodus verharrt, sondern eine klare Richtung vorgibt. Und eine Wählerschaft, die sich nicht von populistischen Versprechungen verführen lässt, sondern Verantwortung übernimmt – für sich selbst und für die Demokratie. Fazit: Populismus ist keine Antwort, sondern bleibt eine Illusion. „Demokratie ist mühsam, aber ihre Alternative ist schlimmer.“ Die Geschichte zeigt, dass Populismus selten die Probleme löst, die er anprangert. Er nutzt Krisen, aber er überwindet sie nicht. Er lebt von Empörung, aber bietet keine langfristigen Lösungen. Deutschland steht vor großen Herausforderungen – aber auch vor großen Chancen. Die Frage ist, welchen Weg es einschlägt. Setzt es auf Pragmatismus und Lösungen oder auf Populismus und Protest? Die Zukunft des Landes hängt davon ab, ob Politik und Gesellschaft bereit sind, die richtigen Antworten auf die schwierigen Fragen unserer Zeit zu finden. Quellenverzeichnis: Heinemann, Gustav. "Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf." Zitat, Ursprung nicht gesichert. Twain, Mark. "Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich." Zitat, zugeschrieben. Deutscher Bundestag. "Plenarprotokolle 2024/2025." Online abrufbar unter: https://www.bundestag.de Statistisches Bundesamt. "Wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland 2023/24." Wiesbaden, 2024. Bundeszentrale für politische Bildung. "Populismus in Europa: Ursachen und Folgen." Bonn, 2023. Müller, Jan-Werner. "Was ist Populismus?" Suhrkamp Verlag, 2016. FAZ. "Analyse: Der Zustand der Ampel-Koalition." Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2025. Süddeutsche Zeitung. "Regierungsbilanz: Eine Koalition in der Krise." Artikel vom 12. Januar 2025. Spiegel Online. "Die AfD und der Aufstieg des Populismus." Online-Artikel, 2024. Zeit Online. "Extremismus in Deutschland: Eine Analyse." Artikel vom 5. Februar 2025. Management: medien@independentexperts.com
von Hans Pfleiderer 26. Mai 2024
„Wir wissen alle, dass Kunst nicht Wahrheit ist. Kunst ist eine Lüge, die uns die Wahrheit begreifen lehrt, wenigstens die Wahrheit, die wir als Menschen begreifen können.“ Pablo Picasso
von Hans Pfleiderer 8. April 2024
In der faszinierenden Welt der Lyrik eröffnet der vorliegende Gedichtband der preisgekrönten Berliner Schriftstellerin Rike Scheffler neue Horizonte. Dieses Werk ist kein gewöhnlicher Gedichtband; es fordert, verblüfft und belohnt seine Leserinnen und Leser auf eine Weise, die so ungewöhnlich ist wie seine Autorin. Schefflers Sprache entfaltet sich nicht sofort in ihrer vollen Pracht. Stattdessen verbirgt sie sich zunächst hinter einer Fassade aus Symbolen, Bildern und Rätseln, die beim ersten Lesen Widerstand und Befremden hervorrufen können. Doch dieser anfängliche Unverstand lädt zu einer tieferen Auseinandersetzung ein, zu einer Reise, auf der man die nuancierte Schönheit und Sensibilität ihrer Verse entdeckt. Dieser Gedichtband ist mehr als nur eine Sammlung von Gedichten; er ist ein interaktives Erlebnis. Durch ein ungewöhnliches Layout und die Einbindung von farbigen Bildern, die der Leserschaft die Freiheit lassen, sie an vorgesehenen Stellen einzukleben oder nach eigenem Ermessen im Buch zu verteilen, wird ein einzigartiger Dialog zwischen Text und LeserInnen, zwischen Dichterin und Welt geschaffen. Rike Scheffler fordert uns auf, nicht nur passive Konsumenten ihrer Worte zu sein, sondern aktive Teilnehmer an der Gestaltung des Leseerlebnisses. Indem wir physisch in das Buch eingreifen, nehmen wir nicht nur von seinem Inhalt Besitz, sondern lassen auch seine Essenz von uns Besitz ergreifen. Ein Blick auf die Rückseite des Einbandes gibt die Inhaltsangabe preis und skizziert in sieben Kapiteln die Sammlung von Gedichten, die sich über verschiedene Zeiträume erstrecken. Jedes Gedicht oder Gruppierung ist von der Gegenwart bis in die ferne Zukunft einem bestimmten Zeitraum zugeordnet. 1 to do wird als zeitloses Gedicht präsentiert, während 2 kleine Energien und 3 Wasser werden, Wal auf das späte 20. Jahrhundert bzw. das erste Jahrzehnt des 3. Jahrtausends verweisen. 4 bergen und 5 vom doppelten Tod behandeln zukünftige Zeiträume wie 2100 bis 2127 bzw. das Jahr 2143. 6 Ankunft, pastell wird auf etwa 2210 datiert, während 7 Rituale in einer unbestimmten Zeit nach 2300 verortet wird. Diese Kompilation von Gedichten bietet einen Einblick in historische Perioden und Zukunftsvisionen, die in poetischer Form erkundet werden. Am Anfang der Kapitel werden Zitate von namhaften VertreterInnen von Literatur, Feminismus, Wissenschaft, Aktivismus, und Kunst vorangestellt. Das erste Kapitel wird durch ein Zitat der Afro-Amerikanischen Künstlerin und Essayistin Renee Gladman aus Atlanta, Georgia eröffnet: „The sentence is at once a map of where we have gone and where we wish to go.“ Hier wird vermittelt, dass Karten mehr als geografische Darstellungen sind. Sie symbolisieren und leiten unsere Lebensreisen, indem sie vergangene Erfahrungen mit zukünftigen Zielen verknüpfen und sowohl unsere persönlichen als auch kollektiven Geschichten und Ambitionen reflektieren. Vergangenheit und Zukunft sind miteinander verbunden, wobei unsere Erfahrungen und Handlungen unsere zukünftigen Bestrebungen beeinflussen. Nun zum ersten Gedicht:
von Hans Pfleiderer 25. März 2024
Wenn es Euch gefallen hat, dann schreibt bitte etwas! Danke
von Hans Pfleiderer 1. März 2024
Es ist immer wieder erstaunlich, wie geheimnisvoll manche Artikel bleiben, wenn es um etwas Geheimnisvolles geht. Und dasselbe gilt für Kunstausstellungen im Allgemeinen und der Ausstellung REVISIONS im Rautenstrauch-Joest Museum in Köln. Ich muss erwähnen, dass ich diesen Brief in situ von zu Hause schreibe und die Ausstellung nicht mit eigenen Augen gesehen habe, sondern mich auf den Artikel von Dr. Anette Rein in ExpoTime! Ausgabe Jan/Feb 2024 beziehe. Die Ausstellung thematisiert die Auswirkungen der europäischen Kolonialisierung auf die indigenen Völker Australiens, insbesondere die Warlpiri, die in Zentralaustralien leben. Sie betonen ihre tiefe spirituelle Verbindung zum traditionellen Land, wobei ihre Kunst die Notwendigkeit hervorhebt, identitäre Perspektiven zu integrieren und zu respektieren, die in westlichen historischen Narrativen fehlen. Die Warlpiri-Künstler nutzen vorwiegend die Punktemalerei, um ihre Geschichten und kulturelles Selbstverständnis auszudrücken und historische Verzerrungen ihrer Geschichte zu kritisieren. Die Ausstellung zeigt die Reinterpretation von Archivmaterial und historischen Fotografien durch die Warlpiri-Künstler, um ihre Sichtweise auf die australische Geschichte zu präsentieren. Sie schaffen neue Erzähl- und Bildformen, um die komplexen Beziehungen zu ihren Vorfahren und Traumpfaden, in ihrer eigenen Sprache "jukurrpa" genannt, darzustellen. Besucher werden ermutigt, die Grenzen westlicher Wissensansprüche zu hinterfragen und die Welt aus indigenen Perspektiven zu betrachten.
von Hans Pfleiderer 20. Februar 2024
Der amerikanische Künstler Doug Aitken ist im Sindelfinger Schauwerk zu sehen. Das Schauwerk ist ein Privatmuseum des im Jahre 2015 verstorbenen Industriellen Peter Schaufler, welcher als Geschäftsführer des Unternehmes BITZER Kühlmaschinenbau GmbH, dem weltweit größten Hersteller von Kompressoren für Kälte- und Klimaanlagen, ein leidenschaftlicher Sammler zeitgenössischer Kunst war. Zu seinen Lebzeiten avancierte er mit über 3500 umfangreicher Werke zu den bedeutendsten Privatsammlern in Deutschland und vermachte seine Sammlung der 2005 gegründeten Schaufler Foundation. Zeitgenössische Kunst umfasst die Kunstwerke, die in der Gegenwart oder in jüngerer Zeit seit den 1960er Jahren entstanden sind und die Vielfalt und Aktualität der kulturellen Landschaft widerspiegeln. Als grundsolider Schwabe lebte er nach dem Motto „Zusammenführung von Unternehmertum mit Wissenschaft, Forschung und Kunst“ und stiftete mit dem Bau eines Museums, dem Kuratieren und der Kunstvermittlung seine Kunstwerke sozusagen der Öffentlichkeit. Jetzt stehe ich vor dem Dilemma, dass ich nicht genau weiß, was ich über diesen 55-jährigen Mann aus Kalifornien schreiben soll, über diesen weltberühmten Künstler, dem seit seiner preisgekrönten Videoinstallation «Electric Earth», die er 1999 anlässlich der 48. Biennale in Venedig ausgestellt und für die er den Goldenen Löwen bekommen hatte, die Lobeshymnen in die Ohren schallen und die Preise und Auszeichnungen aus den Ohren quellen. Das gilt auch für die Preise, die er mittlerweile aufrufen kann. In der großflächigen Fertigungshalle des ehemaligen BITZER Stammwerkes stellt das Museum in einer großen Einzelausstellung mit dem Titel „Return to the real“ vier seiner Arbeiten vor. Die Erste ist Wilderness von 2022, eine Videoinstallation auf runden Leinwänden. Zu Beginn der Corona-Pandemie nahm Aitken Videos vom täglichen Leben am Strand in der Nähe seines Hauses in Los Angeles auf. Diese Videos wurden mit künstlich generierter Musik hinterlegt und zeigen einen durch Landschaftsaufnahmen und Szenen von Menschen am Strand in Zeitlupe den rhythmisierten Zyklus vom Sonnenaufgang bis zum Einbruch der Nacht. Ich selbst lebte über 10 Jahre an der Westside von Los Angeles und verbrachte viele Abende an eben diesem Strand. Die Menschen kommen, mich eingeschlossen, möglicherweise dorthin, um beim Beobachten des Sonnenuntergangs und beim Hören der tosenden, nicht enden wollenden Brandungsgeräusche über das Universum und den Lauf der Welt zu meditieren, um festzustellen, dass wir völlig insignifikant sind im Hinblick auf das großartige Spektakel. Und die Kommentare seiner Rezensenten, dass man in seine Arbeiten viel hineinlesen kann, wie z.B. dass seine Installationen die Verschmelzung von digitalem und realem Leben sowie die Fragmentierung von Raum und Zeit durch die Digitalisierung reflektieren, sogar Fragen zur Identität, Kommunikation und Entfremdung in der modernen Gesellschaft stellt und als Metapher für zwanghafte Migration aufgrund von Notlagen dient, teile ich kategorisch nicht. Die Fernsehnachrichten können das deutlich besser. Die Zweite ist migration (empire) von 2008. Das Kunstwerk zeigt auf drei hintereinander stehenden Stahl-Billboards verlassene Städte und Landschaften, gefilmt in Motelzimmern quer durch die USA. Nordamerikanische Wandertiere erkunden die Zimmer, reagieren auf ihre Instinkte und interagieren mit den für sie künstlichen Umgebungen. Mir kommt da in den Sinn, dass der einst als kalifornischer Beachboy bezeichnete Doug Aitken eine Welt kreiert, die wie ein Shooting in einem Studio aussieht und sich mir die Frage stellt, ob er die Akteure bei der Talentagentur CAA in Hollywood angefragt hatte, weil sie entweder berühmt sind oder wie Models aussehen, die Tiere mit inbegriffen. Für mich ist das in keiner Weise eine Konfrontation mit Natur und Künstlichkeit, sondern eine durch und durch inszenierte Artifizialität. Der Künstler selbst ist der Meister seiner Künstlichkeit. Als ein Vertreter von Hollywood hat er sich mittlerweile auch den Klischees und Stereotypen unterworfen. Katinka Fischer von der FAZ nennt es parodistisch „Kreatur trifft Zivilisation.“ (FAZ, Künstler Doug Aitken, Der Waschbär im Motel von Katinka Fischer, 29.09.2023)
von Hans Pfleiderer 25. Mai 2023
I went to enjoy the Swiss premiere of "Lessons in Love with Violence", an opera composed by Sir George Benjamin with a libretto by Martin Crimp. It premiered in 2008 and has since gained critical acclaim for its powerful and gripping music. The opera tells a dark and complex story of love, power, and inevitable dramaturgic cruelty set in an unnamed court of the 18th century. Benjamin's score is characterized by its rich orchestration, intricate vocal writing, and a wide spectrum of musical styles that span from lyrical melodies to dissonant and angular passages. Also the characters seem to get more and more sucked in and caught up in tri-angular conflicts. The music effectively captures the dramatic tension and emotional depth of the narrative, making "Lessons in Love with Violence" a compelling and thought-provoking operatic experience. More, though, Sir George Benjamin's music is characterized by its meticulous craftsmanship and sonic beauty. He frequently employs vivid orchestration, with a keen sense of color and texture. Benjamin's compositions often explore timbral and rhythmic complexities, showcasing his mastery of contemporary techniques while maintaining a deep connection to emotive and eeire qualities. His works demonstrate a unique blend of modernity and tradition, combining innovative approaches with a profound understanding of classical forms and structures. The result is music that is intellectually stimulating, emotionally evocative, and highly captivating for both performers and listeners alike. The set by Rufus Didviszus could not transport me into the 18th century. Besides a pseudofeudal graffiti, wasn't it a time of great social reform shouting of Hume, Bentham and Berkeley? Again, the set was fixed and flat and could not gain any motion from dressing it with mobile stands with red stadium seating. Cheap, isn't it. Director Evgeny Titov from Kasakhstan, obviously fairly new to the opera business, could also not inspire his performers with contemporary guidance and gusto to avoid the typical clichees of his lead cast and raggedy-overdressed extras, which mostly moved like retards and zombies. Unfortunately I have been forced to yawn whenever the lead went down on his knees. I call it lead poisoning. Nevertheless I was particularly thrilled by Janine De Bique's and Ivan Ludlow's interpretation, which let me forgive and forget my overcritical thoughts for a time well spent. It's worth to go and experience for yourself.
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