Das Buch, das seinen eigenen Raum braucht

Hans Pfleiderer • 2. Januar 2019

Atelier Brückners Bildband “Scenography Szenografie” mit dem Untertitel Making spaces talk / Narrative Räume, Projects / Projekte 2002-2010 ist ein zweisprachiges Vademekum über die Entstehung der Disziplin Szenografie und Brückners wesentlichen Beitrag dazu. Das Werk ist nicht nur ein buntes Bilderbuch von Projektillustrationen, sondern eine gründliche Einführung in die Methodologie von Prof. Uwe Brückner.

Der gebürtige Franke Uwe Brückner kam in den 80er Jahren nach Stuttgart, um als Architekt im Atelier Knut Lohrer zu arbeiten. Dann schloss er ein Bühnenbild-Studium an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart bei Jürgen Rose ab und arbeitete als freier Bühnenbildner an Romeo&Juliet und der Zauberflöte, als Assistent von Hans-Martin Scholder an Tosca und Thais oder als Partner mit Hans-Martin Scholder an Manon Lescaux an der dortigen Staatsoper. 1997 gründete er zusammen mit seiner Frau Shirin Frangoul-Brückner sein eigenes Atelier in Stuttgart und beschäftigt mittlerweile 108 internationale Mitarbeiter aus allerlei Disziplinen, die unter anderem in der Architektur, dem Bühnenbild, der Veranstaltungstechnik und im Interaktiven Design zuhause sind. Die Firma hat sich im Bereich Museumsgestaltung weltweit einen unverwechselbaren Namen gemacht. Ich bekam im Sommer die Gelegenheit , Uwe Brückner im Rahmen meiner Doktorarbeit über den Kreativen Prozess mit einem Videoportrait zu interviewen, nachdem ich unter anderem seine Arbeiten im BMW Museum in München und Haus der Geschichte Baden-Württembergs in Stuttgart gesehen hatte. Ich möchte gerne meine persönlichen Eindrücke mit Ihnen teilen.

Prof. Uwe R. Brückner in seinem Atelier, Foto: Birgit Kadatz

Der heutige hohe Anspruch und die Komplexität von Ausstellungen und Veranstaltungen sind nur noch von einem hochkarätigen Team von Spezialisten oder, wie Brückner es nennt, Generalisten zu bewältigen, d.h. jeder im Team sollte von allen Aspekten der Aufgabenstellungen Ahnung haben. Die Ergebnisse sprechen für sich, wie die Veröffentlichung belegt. Im Vorwort beschreibt Frank von Oudsten eine der Maximen von Brückners Herangehensweise, die er zu einer Philosophie geformt hat: “Form follows content / Form folgt Inhalt”. Er geht dabei vom berühmten Leitsatz “form follows function” von Louis Sullivan aus, welcher als einer der ersten Hochhausarchitekten aus der Chicago School hervorgegangen ist. Dieses Motto hat die Welt weit über die Architektur hinaus erobert und dank ihrer Interpretation können Sie daraus eine Ideologie machen, so wie es das Bauhaus oder Produktdesigner aller Couleur fertiggebracht haben. Ich hoffe, dass mein Aufsatz ein Licht auf die Programmatik dieses Kernsatzes werfen wird und erklären kann, warum Brückners Museen nicht nur heute, sondern auch in Zukunft so interessant sind.

Das Buch ist neben einem Prolog und Epilog in die vier Hauptkapitel Inhalt/Methode/Instrumente/Umsetzung gegliedert, die mittels kompakter Abschnitte realisierter Projekte veranschaulicht werden. Der Prolog zum Buch beginnt mit einem Credo, der die Welt in seiner Genesis fassen möchte. Bei unserer Begegnung fragte ich Uwe Brückner, was zuerst da war, sein Programm oder seine Erfindungen. Er erklärte mir, dass es notwendig war, ein Buch zu schreiben, um den kreativen Prozess zu beschreiben, dass aber die Ideen frei entstünden. Jeder, der etwas schafft, kennt diesen unerklärlichen Prozess. So geht es dem Schriftsteller, wenn er vor einem weißen Blatt sitzt und kaum versieht er sich’s, stehen da Worte geschrieben, die seinem Geist entsprungen sind. Es ist und bleibt ein Mysterium, die Faszination der Schöpfung, in künstlerischer Hinsicht. Dieser Aufsatz handelt nicht von Religion, sondern vom Träumen. Aber ich komme für einen Moment zu Brückners emblematischem Gedicht zurück, das er wohl ganz bewusst an den Anfang seines Buches gesetzt hat. Er spricht von unsichtbar , idee , und traum , von materie , form und rhythmus , und endet mit “ szenischem” raum . Diese Tiefsinnigkeit zeigt den Architekten, Bühnenbildner, Professor, Generalisten Uwe Brückner, der vor dem Wort nicht halt macht, sondern seine Raumpoesien mit Ernsthaftigkeit, Hingabe und Klasse zu beschreiben weiß.

Die Entstehung von Inszenierungen und Ausstellungen sind kurz und prägnant erläutert: sie nahmen ihre Anfänge in der Antike. In einem zeitgenössischen Museum wird ein Erlebnis geschaffen, indem der Aussteller die Sujets in einem Parcours präsentiert, einer durchdachten Wegeführung, die eine durchgängige Erzählstruktur erfordert und ständig neue visuelle Beziehungen schafft. Das soll der Besucher mehr intuitiv als kognitiv wahrnehmen, mit dem Ziel, Perzeptionsmuster zu brechen und ein objektives Erleben zu ermöglichen. Faszinosum und Erfolg einer gelungen Ausstellung gründen sich auf dem Know-how und Erfindungsreichtum seiner Macher. In der Tradition der Aufklärung wollte man etwas öffentlich machen, etwas zeigen, vermitteln, was dem neuen bürgerlichen Ideal entsprach. Heutige Kuratoren von Museen haben einen gesellschaftlichen Auftrag und sind offen für Kollaborationen, um mit den ständig wachsenden Bedürfnissen der Besucher und den technischen und erzählerischen Möglichkeiten innovativ umzugehen. Dafür gibt es Agenturen wie das Atelier Brückner, die den Anforderungen des Zeitgeist gerecht werden. Millionen von Zuschauern suchen heutzutage den Thrill, einen noch nie da gewesenen Reiz, es muss ständig etwas Neues geboten werden. Aussteller müssen hier kreativ und flexible handeln. Unter Rücksichtnahme auf kommerzielle und soziale Aspekte soll das Erlebnis nicht zur existentiellen Grenzerfahrung werden, sondern am besten familiengerecht als Einzel- oder Gemeinschaftserlebnis funktionieren. Die meisten Ausstellungsbesucher sind schon mit etwas Ungewöhnlichem in der Gestaltung, mit einem interaktiven Spiel oder der konzeptionellen Verquickung von verschiedenen Elementen und dem Lernen von etwas Neuem zufrieden. Trotzdem geht Brückner bis an die Grenzen des Machbaren. Was treibt ihn dazu an? Lassen Sie es mich nochmals sagen: Form folgt Inhalt . Lässt sich daraus ein raumbildendes Konzept ableiten? Ist der Szenograf, griechisch Skenográphos oder Handlungsmaler, ein bildender Autor, ein Träumemacher, ein Wandwerker? Wie ist Inhalt zu verstehen? Ist es das Programm, das Konzept, der Plan? Ich denke gerade an die Nofretete im Berliner Neuen Museum, wie sie auf einem einsamen Podest in ihrem eigenen Raum steht. Dieser Raum wurde nicht für sie geschaffen, sondern er wurde für sie gesucht und gefunden. Für mich ist Kunst eine Gunst, eine fortwährende Suche, ein Erfinden, ein Sich-Finden. So könnte man doch sagen: form follows chance / Form folgt Möglichkeit. Es muss ja erstmal eine Idee in einem Geist erwachen, nach manchmal langem Innehalten , eine Lösung gefunden werden, dann muss das Geld fürs Bauen oder ein Gebäude her. Wenn alles interessant genug ist und Vergnügen verspricht, dann werden die Bürger auch kommen. Sie wollen unterhalten werden. Brückner aber bleibt seinem Grundsatz treu. Es geht um die Vermittlung von Informationen, Ideen und Botschaften und seine Verwandlung. Damit schafft er die Raumbilder, die kulturelle Inhalte erlebbar machen.

                                                    Universe of Particles, CERN, Genf/Schweiz, Foto: Michael Jungblut

Beim Lesen des Buches werden die Zusammenhänge klarer, was dem Gedanken einer Inszenierung, dem Ausstellen eines Schatzes, dem Verdeutlichen eines wissenschaftlichen Phänomens zu Grunde liegt. Das Subjekt kommt dem Objekt näher, so nah, dass es im Idealfall zur Erkenntnis wird. Schon Rilke verdichtete seine Erfahrung mit einer Skulptur, dem Archaischen Torso, indem er sagte: “denn da ist keine Stelle, die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern.” Betrachter und Betrachtung werden eins. Die Projekte von Atelier Brückner lesen sich wie eine gespickte Landkarte, Spaziergänge durch Räume aus mannigfaltigen Stofflichkeiten und buntem Licht. In diesen Räumen können wir Äonen von Menschheitsgeschichte in gestalteter Zeit verbringen. Da wird sogar der Fußball zu einem kopernikanischen Erlebnis stilisiert: Der Ball ist rund .

Im zweiten Kapitel Method/Methode schreibt Brückner: “Wenn Intuition und Intellekt gemeinsamen Zielen folgen und der methodische Einsatz dramaturgischer Prinzipien den Gestaltungsprozess bestimmt, wenn die Wahl der Mittel kohärent sowie die Übersetzung konsistent sind, dann ist eine Konzeption auf dem besten Weg zu einer überraschenden, erinnerungswürdigen Szenografie.” Brückners Gestaltungsvokabular kulminiert sich aus seiner empirischen Systematik, Analyse und Strategieentwicklung, die er aus der Fülle der vielen verwirklichten Projekte in den vergangenen 20 Jahren ziehen konnte. Dabei ist die Selbstreflexion des Künstlers ebenso wichtig wie die Publikumsreaktionen und Rezensionen der Kritiker. Brückner sagt: “Die initiierende Begegnung, das erste Rendezvous mit Inhalten und Vorstellungen, profan Briefing genannt, ist oft einer der aufregendsten Momente in der Genese eines Projekts.” Ich gehe davon aus, dass die menschliche Komponente, die Erfahrungen mit den vielen Partnern genauso inspirierend sein muss. Die Astronauten verwenden den Begriff Rendezvous ja auch, wenn sie die Raumschiffe in Position bringen, also quasi der penultimate moment , das s uspense , die Freude und der Erfolg einer Mission erfüllen sich dann mit dem docking . Nach dem Kennenlernen kommt dann eine gründliche Recherche, das Diskutieren und der plot nach den Regeln der Erzählkunst. Hier lassen sich seine Analogien zum Filmemachen ablesen. Das Ziel seiner Methode ist ein Parcours, ein Weg, der chronologisch, thematisch oder topographisch ein Erlebnis anbietet. Das Repertoire der Begriffe und Werkzeuge im Gestaltungsprozess werden mit Matrix, Partitur, Storyboard, Drehbuch, usw. erweitert. Es ist nicht überraschend, dass Brückner die Beschreibung des BMW Museums in München fast wie eine Explosionszeichnung präsentiert, als schauten wir in einen Ersatzteilkatalog eines Automobiles.

Aufgang in der Schüssel, BMW Museum München, Foto: Marcus Meyer

Der konzeptionelle Ansatz ist immer wieder deutlich und lebendig ablesbar und macht das Buch somit zu einer spannenden Lektüre für Fachleser wie auch Laien. So wird auch beschrieben, wie ein Musikstück im Bachhaus in Eisenach begehbar gemacht wird. Da will ich doch sofort hin und das angehen.

Neubau / Projektion im BGM, Bach-Museum Leipzig, Foto: André Nestler

Im letzten Kapitel Making/Umsetzung sagt Brückner: “Das Ergebnis ist das Ziel, der Weg hingegen der Prüfstand.” Hier kann man sehen, wie hinter den Kulissen gearbeitet wird. Das ist ebenso traditionelles Architektenhandwerk wie auch der Einsatz neuer tools . Aber immer wieder wird auf Synergy, Synthese und Teamwork hingewiesen. Immer noch der Schlüssel zum Garant.


Im Epilog kommt die Sprache auf das Ideale wie der ideale Weg, was an die Romantik erinnert mit Vorstellungen wie das Sublime, und auf unsere Gegenwart. Es sind alles Zeiträume . Brückners timeline setzt sich fort mit Träumen, Erfindungen und unseren lebendigen Räumen. Ich bin schon sehr gespannt auf die aktuell angekündigte Veröffentlichung von Szenografie 2 , das in Bälde rechtzeitig zum 20-jährigen Jubiläum von Atelier Brückner erscheinen wird. Schauen Sie rein.

Scenography Szenografie

Making spaces talk / Narrative Räume

Projects / Projekte 2002-2010

368 Seiten / 368 pages

2. unveränderte Auflage / 2nd unchanged edition 2016

Herausgeber / Publisher: Atelier Brückner GmbH

avedition Verlag Stuttgart

Preis / Price: 59,90€ / $ 85.00

ISDN 978-3-89986-135-5

The book that needs its own space

Atelier Brückner's illustrated book "Scenography Scenography" subtitled Making spaces talk / Narrative Spaces, Projects / Projects 2002-2010 is a bilingual vademecum on the genesis of scenography and Brückner's essential contribution. The work is not only a colorful picture book of project illustrations, but a thorough introduction to the methodology of Prof. Uwe Brückner.

Book review by Hans Pfleiderer

The native Franconian Uwe Brückner came to Stuttgart in the 80s to work as an architect in the studio Knut Lohrer. He then completed a stage design study at the Academy of Fine Arts in Stuttgart with Jürgen Rose and worked as a freelance set designer on Romeo&Juliet, Zauberflöte), als assistant of Hans-Martin Scholder on Tosca and Thais or as partner of Hans-Martin Scholder on Manon Lescaux at the Stuttgarter Staatsoper. In 1997, together with his wife Shirin Frangoul-Brückner, he founded his own studio in Stuttgart and now employs 108 international staff from all sorts of disciplines who are at home in architecture, stage design, event technology and interactive design. The company has made a name for itself in the field of museum design worldwide. In the summer I had the opportunity to interview Uwe Brückner with a video portrait as part of my doctoral thesis on the creative process , after having seen, among other things, his works in the BMW Museum in Munich and Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Stuttgart. I would like to share my personal impressions with you.

Today's high standards and the complexity of exhibitions and events can only be mastered by a top-class team of specialists or, as Brückner calls it, generalists. Everyone in the team should know about all aspects of the task. The results speak for themselves, as evidenced by the publication. In the preface Frank von Oudsten describes one of the maxims of Brückner's approach, which he has shaped into a philosophy: "form follows content". He starts from the famous motto "form follows function" by Louis Sullivan, who emerged as one of the first skyscraper architects from the Chicago School. This motto has conquered the world far beyond architecture, and thanks to its interpretation, you can turn it into an ideology, as the Bauhaus or product designer of all stripes has done. I hope that my essay sheds light on the program of this core sentence and can explain why Brückner's museums are so interesting not only today but also in the future.

In addition to a prologue and epilogue, the book is divided into the four main chapters Contents / Method / Instruments / Making, which are illustrated by means of compact sections of realized projects. The prologue to the book begins with a credo that seeks to capture the world in its genesis. At our meeting I asked Uwe Brückner what was first, his program or his inventions. He explained that it was necessary to write a book to describe the creative process, but that the ideas were free. Everyone who creates knows this inexplicable process. Like the writer, when he sits in front of a white sheet, and when he is scarcely aware of it, words are written that have sprung from his spirit. It is and remains a mystery, the fascination of creation, in artistic terms. This essay is not about religion, but about dreaming. But I come back for a moment to Brückner's emblematic poem, which he probably put deliberately at the beginning of his book. He speaks of invisible, idea, and dream, of matter, form and rhythm, and ends with "scenic" space. This profoundness shows the architect, stage designer, professor, generalist Uwe Brückner, who does not stop at the word, but knows how to describe his spatial poetry with sincerity, dedication and class.

The emergence of productions and exhibitions are briefly and succinctly explained: they took their beginnings in antiquity. In a contemporary museum, an experience is created by the exhibitor presenting the subjects in a course, a thoughtful route that requires a consistent narrative structure and constantly creates new visual relationships. The visitor should perceive this more intuitively than cognitively, with the goal of breaking perception patterns and enabling an objective experience. The fascination and success of a outstanding exhibition are based on the know-how and ingenuity of its makers. In the tradition of the Enlightenment, they wanted to make something public, to show something, to mediate what corresponded to the new bourgeois ideal. Today's curators of museums have a social mission and are open to collaborating to innovate with the ever-growing needs of visitors and the technical and narrative possibilities. There are agencies such as the Atelier Brückner, which meet the requirements of the zeitgeist . Millions of viewers today are looking for the thrill, an unprecedented allure. Something new is constantly needed. Exhibitors must act creatively and flexibly here. Taking into account commercial and social aspects, the experience should not become an existential borderline experience, but it should work best as a family or individual experience. Most visitors to the exhibition are already satisfied with unusual designs, with an interactive game or the conceptual combination of different elements and the learning of something new. Nevertheless, Brückner goes to the limits of the feasible. What drives him to do that? Let me say it again: Form follows content . Is it possible to derive a space-forming concept from this? Is the scenographer, in Greek Skenográphos or scenic painter, a visual author, a dream maker, a craftsman? How is content to be understood? Is it programmatic, conceptual, the intension of the organizers, the educational mission of the culture officers? I'm thinking of the Nefertiti in the Neues Museum Berlin standing on a lonely pedestal in her room. This room was not created for her, but searched for and found. For me, art is a gift, a constant search, an invention, a finding oneself. So one could say: form follows chance , possibility. An idea first has to awaken in the spirit, incubating for a stretch of time, a solution must be found, then the money for construction or a ready building. If everything is interesting enough and promises pleasure, then the citizens will show up. They want to be entertained. Brückner, however, remains true to his principle. It's about communicating information , ideas and messages and its transformation . In doing so, he creates tableaus that make cultural content come alive.

As you read this book, the context becomes clearer to understand the idea of ​​an exhibition, the display of a treasure, the demonstration of a scientific phenomenon. The subject comes closer to the object, so close that it ideally becomes realization. Already Rilke condensed his experience with a sculpture, the Archaic Torso, saying, "There is no place that does not see you. You have to change your life.“ Viewer and entity become one. The projects of Atelier Brückner read like a spotted map, walks through rooms of various materials and colorful light. In these rooms we can spend eons of human history in designed time. Even football is stylized into a Copernican experience: the ball is round .

In the second chapter Method Brückner writes: "When intuition and intellect pursue the same goals and the methodical use of dramaturgical principles determines the design process, when the choice of means is coherent and their application is consistent, a conception is on the right track to achieve a surprising, memorable scenography. “ Brückner's design vocabulary culminates in his empirical systematics, analysis and strategy development, which he drew from the wealth of many realized projects over the past 20 years. The self-reflection of the artist is just as important as the audience reactions and reviews of the critics. Brückner says: "The initiating encounter, the first rendezvous with content and ideas mundanely called briefing, is often one of the most exciting moments in the genesis of a project." I assume that the human component, the experiences with the many partners must as well be inspiring. The astronauts also use the term rendezvous when they bring the spaceships into position, so to speak the penultimate moment , the suspense. The joy and success of a mission are then fulfilled with the docking. After getting to know each other, a thorough research, the discussion and the plot follows the artistic rules of narration. Here you can read his analogies to filmmaking. The goal of his method is a course, a path that offers an experience in chronological , thematic or topographic terms. The repertoire of terms and tools in the design process are enhanced with matrix, score, storyboard, screenplay , etc. It is not surprising that Brückner presents the description of the BMW Museum in Munich almost like an exploded view, as if we were looking into a spare parts catalog for a car. The conceptual approach is always clearly and vividly readable and makes the book thus an exciting read for both insiders and laymen. He also describes how a piece of music in the Bach House in Eisenach is made walkable. I want to go there right away.

In the third chapter Instruments , Brückner talks about spaces like tools that work under different parameters. Other instruments include light, digital media, sound, graphics and hybrids thereof. In doing so, he examines the aggregate states of the creative process by specifying his method involving all the senses.

In the last chapter Making Brückner says: "The result is the goal and the way toward it is the test bed." Here you can see how people work behind the scenes. This is as traditional architect craft as the use of new tools can be. But again and again synergy, synthesis and teamwork are pointed out. Still the key to the guarantor.

The epilogue talks about ideals like the ideal path , reminiscent of romanticism with ideas like the sublime, referencing always to our present. They are all time period, time spaces. Brückner's timeline continues with his dreams, inventions and synthesizes in our living spaces. I am very much looking forward to the currently announced release of Scenography 2, which will soon be released in time for the 20th anniversary of Atelier Brückner. Have a look.

Schreibkram - paperwork

von Hans Pfleiderer 14. April 2025
Ein kritischer Essay über Michail Chodorkowskis „Wie man einen Drachen tötet: Handbuch für angehende Revolutionäre"
von Hans Pfleiderer 10. April 2025
The novel The Great Gopnik (Большой Гопник) by Viktor Yerofeyev is a biting satire that describes the influence of the Gopnik-spirit on Russian society: From the streets to the Kremlin, a mentality of ruthlessness, opportunism and strength at all costs reigns. Chapter 1: Introduction In this book, Viktor Jerofejew describes a dark and satirical vision of today's Russia. The title refers to the figure of the "gopnik", a common stereotype in Russia of a petty criminal, usually an unemployed and violent young man from the lower classes, often in tracksuits and with a penchant for brute force. Yerofeyev means an exaggerated, almost mythical version of this type - an embodiment of brutal power that extends to the highest political and social levels. It is a metaphor for the current Russian state leadership, which rules through authoritarian methods, intimidation, corruption and violence. Some interpretations see this figure as an allusion to President Vladimir Putin and Russia's political system, which is increasingly permeated by mob-style structures. It tells of Putin's unstoppable rise to the top of the state and presents him as the embodiment of this species of rowdy, who sees the Russian empire as a kind of fairytale world that needs to be saved from the influences of Europe and America. At the same time, the author himself acts as his antagonist and offers a literary explanation for current events in Russia. The novel is divided into short chapters, that alternate between different perspectives, time frames and layers of meaning. This structure reflects the complexity and chaos of Russian reality. A reoccurring hint the size of a billboard is the date of February 24, 2022, the day of the Russian attack on Ukraine, runs like a thread through the book and is reflected in italicized passages that express the author's thoughts and feelings. Overall, the book offers an in-depth analysis of Russian society and its political leadership, wrapped up in a literary work that combines elements of autobiography, essay and fiction, a masterful and compelling novel that explores the human and systemic drama of today’s Russia, set against a backdrop of chaos, transformation, and deep societal unrest. Chapter 2: The Joycean attempt riffing on unfamiliar words Moscow under a sky like wet fabric over dull gold Ivan Tsarevich steps through glass into a city that has forgotten him or knows him too well no music only machines breath of metal shadows await the air as heavy as oil his heart beats out of sync with the times no star only neon that never blinks cold fingers grasp rules bend through corridors without doors faces mute voices hollow the Great Gopnik towers over maps without people only borders only blood Ashes fall like snow, tanks roll by, a woman stands with a child, breath freezes, hunger does not, Alexei falls, the film continues, the hero becomes a number, is forgotten, men freeze in cells without light, their breath paints shadows in a system that knows no people, only guilt. Then, much later, the news out of nowhere: Alexei Navalny is dead, they say, but the name lives on in whispers. Ivan rides through forests, through nights, through a Russia that may awaken or may never! And so the fairy tale ends The great Gopnik sits on bones In front of him, maps without people Only borders, ice, blood Smoke rises like snow While houses burn Streets empty A woman with a child Breath frozen, hunger hot A power plant falls Sparks extinguish Snow on the ruins and dead Alexei falls Uniforms await The hero becomes a number, is forgotten Men freeze in cells Their bodies only guilt in the system Later the news hits Alexei Navalny is dead they say But what is death When the name continues to whisper Chapter 3: Literary influences The grotesque legacy of Russian literature rumbles in Viktor Yerofeyev's work. He is a literary master blaster. His novels and essays unfold like an abysmal carnival festival in which violence, madness and sarcasm collide. But his work does not exist in a vacuum - it is deeply rooted in Russian and European literary history. Six great writers have influenced his style, and in each of their characters there is an echo of Yerofeyev's over-the-top narrative style. Yerofeyev combines these influences to create an independent style that oscillates between satire, philosophy and radical provocation. Viktor Yerofeyev stands in the tradition of the Russian literary avant-garde and absurd realism. His most important role models and influences are: a. The devil as playmaker: Mikhail Bulgakov, especially The Master and Margarita with its mixture of satire, fantasy and social criticism, influenced Yerofeev's style. The grotesque depiction of Soviet reality and the playful use of the absurd can also be found in Yerofeyev's work. Hardly any other author has woven the grotesque into Russian literature as artfully as Mikhail Bulgakov. In The Master and Margarita, the devil Voland and his demonic troupe create chaos in Moscow and expose the hypocrisy of Soviet society. Yerofeyev follows this model when he stages the Russian present as a grotesque circus in The Great Gopnik, in which power and anarchy become blurred. His characters are often diabolical figures who destroy the system with sadistic relish - not unlike Woland's henchman, the talking cat Behemoth, who shoots guns and cracks jokes about hell. b. The madness of everyday life: Daniil Charms, the Russian avant-gardist and founder of absurd realism, had a great influence on Yerofeyev. His short, often surreal texts full of violence, humor and nihilism are reflected in Yerofeyev's fragmentary, often grotesque narrative style. The master of the literary absurd has created a world in which people simply disappear, dissolve or fall from windows - not for dramaturgical reasons, but because the logic of reality is suspended. His short text A Certain Old Man tells the story of an old man who falls over and dies without warning - just like that. Yerofeyev uses this principle of sudden, senseless violence in many scenes in his work. In The Great Gopnik, a minor character is killed in mid-sentence as if he were an annoying fly - life in Russia is random, brutal and without compassion. c. Man's lost souls: Nikolai Gogol is known for his satirical exaggeration of characters and the absurd depiction of bureaucracy and power structures. No one has exposed the absurd bureaucracy of Tsarist Russia as farcical as Nikolai Gogol. In The Nose, a civil servant wakes up to find that his own nose has disappeared - and even worse: it is on the loose in St. Petersburg and is making a career for itself. The grotesque powerlessness of man in the face of an opaque system is a theme that Yerofeyev continues to explore. His characters do not fight against ghosts or demons, but against a Russian reality that is just as unpredictable and mocking as Gogol's overdrawn bureaucrats. d. The cabinet of Fyodor Dostoyevsky: The psychological depth and existential struggle with morality, guilt and chaos in works such as The Idiot and The Demons in particular influenced Yerofeyev's dark, philosophical reflections on his torn Russian soul. If there is a literary tradition that illuminates the inner abyss of man, it is that of Fyodor Dostoyevsky. In The Demons, a revolutionary murder becomes a farce because the perpetrators themselves do not know whether they are fighting for what is right or simply murdering. Yerofeyev continues this tradition by creating characters who teeter between megalomania and nihilism. In The Great Gopnik, a small-time crook suddenly becomes a politician - not because he is convinced or interested in power, but because circumstances drive him into this role. Like Dostoyevsky's Kirillov, who wants to kill himself to prove his absolute freedom, Yerofeyev's hero stumbles from one existential catastrophe to the next. e. Venedikt Yerofeyev and the Art of Drinking as Philosophy: One author with whom he is often confused is Venedikt Yerofeyev, who in the cult novel Moscow - Petushki lets a drunken, melancholy narrator stagger through the Soviet provinces. With his alcohol-soaked, poetic and tragicomic prose, this author left behind a legacy, a literary image of Soviet and post-Soviet neglect, which is also in streaks present in The Great Gopnik. His hero philosophizes about love, power and alcohol while getting drunk on spirits. Viktor Jerofejew's protagonists are very often alcoholics, but in his case the drunkenness turns into sheer violence. Where Venedikt Jerofejew still finds a tragicomic poetry, Viktor Jerofejew depicts a dehumanized world in which drinking is no longer rebellion, but merely survival. f. Franz Kafka and Jean-Paul Sartre: The absurdity of existence and the feeling of existential forlornness—central to the works of Kafka and Sartre—resonate in Yerofeyev’s portrayal of Russian society as a theater of the absurd. His Gopnik staggers through a meaningless system, fueled by vodka, poetry, and philosophical despair. Sartre’s famous line, “L’enfer, c’est les autres” (“Hell is other people”), from his play No Exit (Huis clos, 1944), captures the existential torment of being defined by the gaze of others. We are “prisoners” and our identities shaped and judged externally, which can become a form of psychological torture. Kafka anticipated similar ideas exploring how anonymous, inscrutable systems oppress the individual. In The Trial, Josef K. is condemned without knowing why—a symbol of how external forces, whether social or bureaucratic, strip away autonomy. To conclude, Viktor Yerofeyev's The Great Gopnik is characterized by a provocative, satirical and absurd writing style. His narrative is often fragmentary, exaggerated and full of grotesque exaggerations. He uses a laconic yet poetic language that oscillates between vulgar directness and philosophical reflection. He plays with excesses, crude comedy and surreal images to expose social and political grievances in Russia. He works with a mixture of black humor, existential despair and a certain playful resignation. His style is reminiscent of a mixture of Russian underground, postmodern satire and absurdist theater. His way of depicting Russian reality as a kind of grotesque carnival in which violence, power and chaos condense into an absurd farce is particularly striking. His work is a mirror in which not only Russia, but the entire modern world recognizes itself in its absurdity - and perhaps even laughs, albeit bitterly.
von Hans Pfleiderer 9. April 2025
Der Roman Der Große Gopnik (Большой Гопник) von Viktor Jerofejew ist eine bissige Satire, die den Einfluss des “Gopnik-Geistes” auf die russische Gesellschaft beschreibt: Von der Straße bis in den Kreml regiert eine Mentalität der Rücksichtslosigkeit, des Opportunismus und der Stärke um jeden Preis. Kapitel 1: Einleitung In diesem Buch beschreibt Viktor Jerofejew eine düstere und satirische Vision des heutigen Russlands. Der Titel verweist auf die Figur des “Gopnik”, ein in Russland verbreitetes Stereotyp eines kleinkriminellen, meist arbeitslosen und gewalttätigen jungen Mannes aus der Unterschicht, oft in Trainingsanzügen und mit einer Vorliebe für rohe Gewalt. Mit dem “Großen Gopnik” meint Jerofejew eine übersteigerte, fast mythische Version dieses Typs – eine Verkörperung brutaler Macht, die sich bis in die höchsten politischen und gesellschaftlichen Ebenen erstreckt. Es ist eine Metapher für die gegenwärtige russische Staatsführung, die sich autoritärer Methoden bedient und durch Einschüchterung, Korruption und Gewalt herrscht. Manche Interpretationen sehen in dieser Figur eine Anspielung auf Wladimir Putin und das politische System Russlands, das zunehmend von mafiösen Strukturen durchzogen ist. Erzählt wird von Putins unaufhaltsamem Aufstieg und stellt ihn als Verkörperung des “Großen Gopnik” dar, der das russische Imperium als eine Art Märchenwelt sieht, die es vor den Einflüssen Europas und Amerikas zu retten gilt. Gleichzeitig fungiert der Schriftsteller Viktor Jerofejew als sein Gegenspieler und bietet eine literarische Erklärung für die aktuellen Ereignisse in Russland. Der Roman ist in kurze Kapitel unterteilt, die zwischen verschiedenen Perspektiven, Zeitebenen und Bedeutungsebenen wechseln. Diese Struktur spiegelt die Komplexität und das Chaos der russischen Realität wider. Der 24. Februar 2022, der Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine, zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch und wird in kursiv gesetzten Passagen reflektiert, die die Gedanken und Gefühle des Autors zum Ausdruck bringen. Insgesamt bietet “Der Große Gopnik” eine tiefgehende Analyse der russischen Gesellschaft und ihrer politischen Führung, verpackt in ein literarisches Werk, das Elemente von Autobiografie, Essay und Fiktion miteinander verbindet. Es ist ein imposanter Roman über das Drama des heutigen Russland. Kapitel 2: Ein Joycesche Dichtungsversuch Moskau unter einem Himmel wie nasser Stoff über mattem Gold Iwan Zarewitsch tritt durch Glas in eine Stadt die ihn vergessen hat oder ihn zu gut kennt wo keine Musik nur Maschinen Atem aus Metall Schatten erwarten die Luft so schwer wie Öl und sein Herz schlägt nicht im Takt der Zeit kein Stern nur Neon das nie blinkt unter kalten Fingern nach Regeln greifend beugen sich durch Korridore ohne Türen dumme Gesichter stumme Stimmen hohl huch der große Gopnik thront über Karten ohne Menschen er sieht nur Grenzen nur Blut Asche fällt wie Schnee Panzer rollen vorbei eine Frau steht mit einem Kind da der Atem gefriert der Hunger nicht Alexei ist schwach und fällt der Film geht weiter der Held wird zu einer Nummer wird vergessen Männer frieren in Zellen ohne Licht ihr Atem zeichnet Schatten in einem Korb das keine Menschen kennt nur Schuld dann viel später die Nachricht aus dem Nichts Alexei Navalny ist tot heißt es aber der Name lebt im Flüsterton weiter Iwan reitet durch Wälder durch Nächte durch ein Russland das vielleicht erwacht oder vielleicht nie
von Hans Pfleiderer 30. März 2025
Der Populismus ist ein immer wiederkehrendes Phänomen. „Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.“ Dieses oft Mark Twain zugeschriebene Zitat beschreibt treffend die aktuelle politische Lage in Deutschland und Europa. Populismus ist keine neue Erfindung, sondern ein Phänomen, das in Zeiten der Unsicherheit immer wieder an Kraft gewinnt. Er lebt von Ängsten, Krisen und dem Misstrauen gegenüber den Eliten – und genau diese Bedingungen sind derzeit gegeben. Während Deutschland auf die nächsten Wahlen zusteuert, stehen viele Menschen vor der Frage: Weiter so oder ein radikaler Wandel? Die Ampel-Koalition taumelt von einer Krise in die nächste, die Wirtschaft stagniert, und viele Bürger fühlen sich von der Politik nicht mehr repräsentiert. In diesem Klima florieren populistische Strömungen, die einfache Antworten auf komplexe Fragen versprechen. Doch ist das wirklich der Ausweg? Und der Populismus ist eine historische Konstante. „Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf.“ Dieser Satz, der oft Gustav Heinemann zugeschrieben wird, mahnt zur Wachsamkeit gegenüber populistischen Bewegungen, die mit demokratischen Mitteln an die Macht kommen – aber oft wenig Interesse an demokratischen Prinzipien haben. Schon in der Antike nutzten Demagogen in Athen und Rom die Unzufriedenheit des Volkes, um gegen die herrschenden Eliten zu mobilisieren. In der Weimarer Republik waren es sowohl linke als auch rechte Populisten, die das Vertrauen in die Demokratie untergruben. Heute erleben wir eine neue Welle: In Deutschland, Frankreich, Italien, den USA – überall gewinnen populistische Parteien an Einfluss. Populisten teilen dabei stets eine zentrale Erzählung: „Wir gegen die da oben.“ Sie präsentieren sich als Stimme des „wahren Volkes“ gegen eine abgehobene Elite, die angeblich die Interessen der einfachen Bürger verrät. Dabei bieten sie einfache Lösungen an, die in der Realität oft nicht umsetzbar sind. Wenn die Mitte versagt, jubeln die Extreme. Ein Blick in den Bundestag zeigt, wie weit die politische Debatte inzwischen eskaliert. Wer sich die Redebeiträge der letzten Monate angehört hat, dem dürfte besonders der Auftritt eines bekannten FDP-Abgeordneten im Gedächtnis geblieben sein, der die Grünen als „wirtschaftsfeindliche Verbotspartei“ bezeichnete – und dabei sogar Applaus aus Reihen der CDU erhielt. Ein Bruch mit den bisherigen Koalitionspartnern, der nicht mehr kaschiert werden konnte. Wenige Wochen später konterte ein grüner Minister mit einer kaum verhohlenen Drohung: „Wenn wir nicht konsequent handeln, werden künftige Generationen uns nicht nur unsere zögerliche Klimapolitik vorwerfen, sondern auch den Verrat an der Demokratie.“ Man fragt sich, ob diese Regierung überhaupt noch eine gemeinsame Linie finden kann. Einer der denkwürdigsten Momente des vergangenen Jahres war jedoch eine Rede des AfD-Politikers Björn Höcke, der im Bundestag gegen die Ampel wetterte, während die Regierungsbank schweigend zusah. Die üblichen Empörungsrufe aus der Opposition verpufften – die AfD hatte die Bühne, die sie sich wünschte. Solche Momente zeigen, wie sich das politische Klima verändert hat: Während die etablierte Politik mit sich selbst ringt, nutzen die Populisten geschickt die Schwächen des Systems. Der gegenwärtige Populismus gärt in Deutschland und Europa gleichermaßen. „Die Mitte wird kleiner, die Extreme werden lauter.“ Dieser Trend zeigt sich in vielen Ländern Europas, aber besonders in Deutschland. Die wirtschaftliche Unsicherheit der letzten Jahre hat tiefe Spuren hinterlassen. Die Energiekrise, der Fachkräftemangel und die hohe Inflation belasten viele Haushalte und Unternehmen. Zugleich haben Themen wie Migration, Klimaschutz und Identitätspolitik die Gesellschaft tief gespalten. Wer sich nicht gehört fühlt, sucht nach Alternativen – und findet sie oft bei populistischen Parteien. In Deutschland ist es vor allem die AfD, die von dieser Entwicklung profitiert. Sie inszeniert sich als Partei der „Vergessenen“, obwohl ihre Lösungen meist nur aus Protest bestehen, nicht aus konstruktiver Politik. Doch auch in anderen politischen Lagern gibt es populistische Strömungen, die auf Vereinfachung und Polemik setzen, statt komplexe Herausforderungen realistisch anzugehen. Der Bruch der Ampel könnte man die Selbstzerstörung einer Koalition nennen. „Drei Parteien, drei Richtungen, null Gemeinsamkeiten.“ So könnte man die Ampel-Koalition auf den Punkt bringen. Von Anfang an war dieses Bündnis ein Zweckbündnis, nicht eine Koalition der Überzeugung. SPD, Grüne und FDP stehen für sehr unterschiedliche politische Ansätze – und das zeigt sich in ihrer Regierungsarbeit. Kaum ein zentrales Thema, bei dem sich die Ampel einig ist. Wirtschaftspolitik? Die FDP fordert Steuersenkungen, die Grünen setzen auf Transformation, die SPD sucht einen sozialen Ausgleich. Migration? Ein ständiges Tauziehen zwischen Realpolitik und Idealismus. Energiepolitik? Ein Flickenteppich aus Kompromissen, die niemanden wirklich zufriedenstellen. Und das Ergebnis ist naheliegend: Blockade, Frust und schwindendes Vertrauen in die Regierung. Ein Regierungsbündnis, das sich in öffentlichen Streitigkeiten zerlegt, stärkt letztlich nur die politischen Ränder. Die Menschen sehen eine Regierung, die nicht handelt, und wenden sich Alternativen zu. Doch wer glaubt, dass Populisten die besseren Antworten haben, irrt: Laut sein ersetzt keine Lösungen. Deutschland vor der Wahl: Wer übernimmt die Verantwortung? „Wer keine Vision hat, darf nicht führen.“ Deutschland steht mal wieder an einem Scheideweg. Die nächsten Wahlen werden darüber entscheiden, ob das Land einen pragmatischen Kurs in der Mitte einschlägt oder weiter in die politische Polarisierung abrutscht. Es gibt große Herausforderungen: Wirtschaftliche Stagnation, Fachkräftemangel, soziale Ungleichheit, Klimawandel, geopolitische Unsicherheiten. Diese Probleme lassen sich nicht mit einfachen Parolen lösen. Was nötig ist, sind pragmatische Lösungen, politische Führung und ein offener Dialog, der die Gesellschaft wieder zusammenführt. Dafür braucht es eine Politik, die nicht nur verwaltet, sondern gestaltet. Eine Regierung, die nicht in Krisenmodus verharrt, sondern eine klare Richtung vorgibt. Und eine Wählerschaft, die sich nicht von populistischen Versprechungen verführen lässt, sondern Verantwortung übernimmt – für sich selbst und für die Demokratie. Fazit: Populismus ist keine Antwort, sondern bleibt eine Illusion. „Demokratie ist mühsam, aber ihre Alternative ist schlimmer.“ Die Geschichte zeigt, dass Populismus selten die Probleme löst, die er anprangert. Er nutzt Krisen, aber er überwindet sie nicht. Er lebt von Empörung, aber bietet keine langfristigen Lösungen. Deutschland steht vor großen Herausforderungen – aber auch vor großen Chancen. Die Frage ist, welchen Weg es einschlägt. Setzt es auf Pragmatismus und Lösungen oder auf Populismus und Protest? Die Zukunft des Landes hängt davon ab, ob Politik und Gesellschaft bereit sind, die richtigen Antworten auf die schwierigen Fragen unserer Zeit zu finden. Quellenverzeichnis: Heinemann, Gustav. "Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf." Zitat, Ursprung nicht gesichert. Twain, Mark. "Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich." Zitat, zugeschrieben. Deutscher Bundestag. "Plenarprotokolle 2024/2025." Online abrufbar unter: https://www.bundestag.de Statistisches Bundesamt. "Wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland 2023/24." Wiesbaden, 2024. Bundeszentrale für politische Bildung. "Populismus in Europa: Ursachen und Folgen." Bonn, 2023. Müller, Jan-Werner. "Was ist Populismus?" Suhrkamp Verlag, 2016. FAZ. "Analyse: Der Zustand der Ampel-Koalition." Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2025. Süddeutsche Zeitung. "Regierungsbilanz: Eine Koalition in der Krise." Artikel vom 12. Januar 2025. Spiegel Online. "Die AfD und der Aufstieg des Populismus." Online-Artikel, 2024. Zeit Online. "Extremismus in Deutschland: Eine Analyse." Artikel vom 5. Februar 2025. Management: medien@independentexperts.com
von Hans Pfleiderer 26. Mai 2024
„Wir wissen alle, dass Kunst nicht Wahrheit ist. Kunst ist eine Lüge, die uns die Wahrheit begreifen lehrt, wenigstens die Wahrheit, die wir als Menschen begreifen können.“ Pablo Picasso
von Hans Pfleiderer 8. April 2024
In der faszinierenden Welt der Lyrik eröffnet der vorliegende Gedichtband der preisgekrönten Berliner Schriftstellerin Rike Scheffler neue Horizonte. Dieses Werk ist kein gewöhnlicher Gedichtband; es fordert, verblüfft und belohnt seine Leserinnen und Leser auf eine Weise, die so ungewöhnlich ist wie seine Autorin. Schefflers Sprache entfaltet sich nicht sofort in ihrer vollen Pracht. Stattdessen verbirgt sie sich zunächst hinter einer Fassade aus Symbolen, Bildern und Rätseln, die beim ersten Lesen Widerstand und Befremden hervorrufen können. Doch dieser anfängliche Unverstand lädt zu einer tieferen Auseinandersetzung ein, zu einer Reise, auf der man die nuancierte Schönheit und Sensibilität ihrer Verse entdeckt. Dieser Gedichtband ist mehr als nur eine Sammlung von Gedichten; er ist ein interaktives Erlebnis. Durch ein ungewöhnliches Layout und die Einbindung von farbigen Bildern, die der Leserschaft die Freiheit lassen, sie an vorgesehenen Stellen einzukleben oder nach eigenem Ermessen im Buch zu verteilen, wird ein einzigartiger Dialog zwischen Text und LeserInnen, zwischen Dichterin und Welt geschaffen. Rike Scheffler fordert uns auf, nicht nur passive Konsumenten ihrer Worte zu sein, sondern aktive Teilnehmer an der Gestaltung des Leseerlebnisses. Indem wir physisch in das Buch eingreifen, nehmen wir nicht nur von seinem Inhalt Besitz, sondern lassen auch seine Essenz von uns Besitz ergreifen. Ein Blick auf die Rückseite des Einbandes gibt die Inhaltsangabe preis und skizziert in sieben Kapiteln die Sammlung von Gedichten, die sich über verschiedene Zeiträume erstrecken. Jedes Gedicht oder Gruppierung ist von der Gegenwart bis in die ferne Zukunft einem bestimmten Zeitraum zugeordnet. 1 to do wird als zeitloses Gedicht präsentiert, während 2 kleine Energien und 3 Wasser werden, Wal auf das späte 20. Jahrhundert bzw. das erste Jahrzehnt des 3. Jahrtausends verweisen. 4 bergen und 5 vom doppelten Tod behandeln zukünftige Zeiträume wie 2100 bis 2127 bzw. das Jahr 2143. 6 Ankunft, pastell wird auf etwa 2210 datiert, während 7 Rituale in einer unbestimmten Zeit nach 2300 verortet wird. Diese Kompilation von Gedichten bietet einen Einblick in historische Perioden und Zukunftsvisionen, die in poetischer Form erkundet werden. Am Anfang der Kapitel werden Zitate von namhaften VertreterInnen von Literatur, Feminismus, Wissenschaft, Aktivismus, und Kunst vorangestellt. Das erste Kapitel wird durch ein Zitat der Afro-Amerikanischen Künstlerin und Essayistin Renee Gladman aus Atlanta, Georgia eröffnet: „The sentence is at once a map of where we have gone and where we wish to go.“ Hier wird vermittelt, dass Karten mehr als geografische Darstellungen sind. Sie symbolisieren und leiten unsere Lebensreisen, indem sie vergangene Erfahrungen mit zukünftigen Zielen verknüpfen und sowohl unsere persönlichen als auch kollektiven Geschichten und Ambitionen reflektieren. Vergangenheit und Zukunft sind miteinander verbunden, wobei unsere Erfahrungen und Handlungen unsere zukünftigen Bestrebungen beeinflussen. Nun zum ersten Gedicht:
von Hans Pfleiderer 25. März 2024
Wenn es Euch gefallen hat, dann schreibt bitte etwas! Danke
von Hans Pfleiderer 1. März 2024
Es ist immer wieder erstaunlich, wie geheimnisvoll manche Artikel bleiben, wenn es um etwas Geheimnisvolles geht. Und dasselbe gilt für Kunstausstellungen im Allgemeinen und der Ausstellung REVISIONS im Rautenstrauch-Joest Museum in Köln. Ich muss erwähnen, dass ich diesen Brief in situ von zu Hause schreibe und die Ausstellung nicht mit eigenen Augen gesehen habe, sondern mich auf den Artikel von Dr. Anette Rein in ExpoTime! Ausgabe Jan/Feb 2024 beziehe. Die Ausstellung thematisiert die Auswirkungen der europäischen Kolonialisierung auf die indigenen Völker Australiens, insbesondere die Warlpiri, die in Zentralaustralien leben. Sie betonen ihre tiefe spirituelle Verbindung zum traditionellen Land, wobei ihre Kunst die Notwendigkeit hervorhebt, identitäre Perspektiven zu integrieren und zu respektieren, die in westlichen historischen Narrativen fehlen. Die Warlpiri-Künstler nutzen vorwiegend die Punktemalerei, um ihre Geschichten und kulturelles Selbstverständnis auszudrücken und historische Verzerrungen ihrer Geschichte zu kritisieren. Die Ausstellung zeigt die Reinterpretation von Archivmaterial und historischen Fotografien durch die Warlpiri-Künstler, um ihre Sichtweise auf die australische Geschichte zu präsentieren. Sie schaffen neue Erzähl- und Bildformen, um die komplexen Beziehungen zu ihren Vorfahren und Traumpfaden, in ihrer eigenen Sprache "jukurrpa" genannt, darzustellen. Besucher werden ermutigt, die Grenzen westlicher Wissensansprüche zu hinterfragen und die Welt aus indigenen Perspektiven zu betrachten.
von Hans Pfleiderer 20. Februar 2024
Der amerikanische Künstler Doug Aitken ist im Sindelfinger Schauwerk zu sehen. Das Schauwerk ist ein Privatmuseum des im Jahre 2015 verstorbenen Industriellen Peter Schaufler, welcher als Geschäftsführer des Unternehmes BITZER Kühlmaschinenbau GmbH, dem weltweit größten Hersteller von Kompressoren für Kälte- und Klimaanlagen, ein leidenschaftlicher Sammler zeitgenössischer Kunst war. Zu seinen Lebzeiten avancierte er mit über 3500 umfangreicher Werke zu den bedeutendsten Privatsammlern in Deutschland und vermachte seine Sammlung der 2005 gegründeten Schaufler Foundation. Zeitgenössische Kunst umfasst die Kunstwerke, die in der Gegenwart oder in jüngerer Zeit seit den 1960er Jahren entstanden sind und die Vielfalt und Aktualität der kulturellen Landschaft widerspiegeln. Als grundsolider Schwabe lebte er nach dem Motto „Zusammenführung von Unternehmertum mit Wissenschaft, Forschung und Kunst“ und stiftete mit dem Bau eines Museums, dem Kuratieren und der Kunstvermittlung seine Kunstwerke sozusagen der Öffentlichkeit. Jetzt stehe ich vor dem Dilemma, dass ich nicht genau weiß, was ich über diesen 55-jährigen Mann aus Kalifornien schreiben soll, über diesen weltberühmten Künstler, dem seit seiner preisgekrönten Videoinstallation «Electric Earth», die er 1999 anlässlich der 48. Biennale in Venedig ausgestellt und für die er den Goldenen Löwen bekommen hatte, die Lobeshymnen in die Ohren schallen und die Preise und Auszeichnungen aus den Ohren quellen. Das gilt auch für die Preise, die er mittlerweile aufrufen kann. In der großflächigen Fertigungshalle des ehemaligen BITZER Stammwerkes stellt das Museum in einer großen Einzelausstellung mit dem Titel „Return to the real“ vier seiner Arbeiten vor. Die Erste ist Wilderness von 2022, eine Videoinstallation auf runden Leinwänden. Zu Beginn der Corona-Pandemie nahm Aitken Videos vom täglichen Leben am Strand in der Nähe seines Hauses in Los Angeles auf. Diese Videos wurden mit künstlich generierter Musik hinterlegt und zeigen einen durch Landschaftsaufnahmen und Szenen von Menschen am Strand in Zeitlupe den rhythmisierten Zyklus vom Sonnenaufgang bis zum Einbruch der Nacht. Ich selbst lebte über 10 Jahre an der Westside von Los Angeles und verbrachte viele Abende an eben diesem Strand. Die Menschen kommen, mich eingeschlossen, möglicherweise dorthin, um beim Beobachten des Sonnenuntergangs und beim Hören der tosenden, nicht enden wollenden Brandungsgeräusche über das Universum und den Lauf der Welt zu meditieren, um festzustellen, dass wir völlig insignifikant sind im Hinblick auf das großartige Spektakel. Und die Kommentare seiner Rezensenten, dass man in seine Arbeiten viel hineinlesen kann, wie z.B. dass seine Installationen die Verschmelzung von digitalem und realem Leben sowie die Fragmentierung von Raum und Zeit durch die Digitalisierung reflektieren, sogar Fragen zur Identität, Kommunikation und Entfremdung in der modernen Gesellschaft stellt und als Metapher für zwanghafte Migration aufgrund von Notlagen dient, teile ich kategorisch nicht. Die Fernsehnachrichten können das deutlich besser. Die Zweite ist migration (empire) von 2008. Das Kunstwerk zeigt auf drei hintereinander stehenden Stahl-Billboards verlassene Städte und Landschaften, gefilmt in Motelzimmern quer durch die USA. Nordamerikanische Wandertiere erkunden die Zimmer, reagieren auf ihre Instinkte und interagieren mit den für sie künstlichen Umgebungen. Mir kommt da in den Sinn, dass der einst als kalifornischer Beachboy bezeichnete Doug Aitken eine Welt kreiert, die wie ein Shooting in einem Studio aussieht und sich mir die Frage stellt, ob er die Akteure bei der Talentagentur CAA in Hollywood angefragt hatte, weil sie entweder berühmt sind oder wie Models aussehen, die Tiere mit inbegriffen. Für mich ist das in keiner Weise eine Konfrontation mit Natur und Künstlichkeit, sondern eine durch und durch inszenierte Artifizialität. Der Künstler selbst ist der Meister seiner Künstlichkeit. Als ein Vertreter von Hollywood hat er sich mittlerweile auch den Klischees und Stereotypen unterworfen. Katinka Fischer von der FAZ nennt es parodistisch „Kreatur trifft Zivilisation.“ (FAZ, Künstler Doug Aitken, Der Waschbär im Motel von Katinka Fischer, 29.09.2023)
von Hans Pfleiderer 25. Mai 2023
I went to enjoy the Swiss premiere of "Lessons in Love with Violence", an opera composed by Sir George Benjamin with a libretto by Martin Crimp. It premiered in 2008 and has since gained critical acclaim for its powerful and gripping music. The opera tells a dark and complex story of love, power, and inevitable dramaturgic cruelty set in an unnamed court of the 18th century. Benjamin's score is characterized by its rich orchestration, intricate vocal writing, and a wide spectrum of musical styles that span from lyrical melodies to dissonant and angular passages. Also the characters seem to get more and more sucked in and caught up in tri-angular conflicts. The music effectively captures the dramatic tension and emotional depth of the narrative, making "Lessons in Love with Violence" a compelling and thought-provoking operatic experience. More, though, Sir George Benjamin's music is characterized by its meticulous craftsmanship and sonic beauty. He frequently employs vivid orchestration, with a keen sense of color and texture. Benjamin's compositions often explore timbral and rhythmic complexities, showcasing his mastery of contemporary techniques while maintaining a deep connection to emotive and eeire qualities. His works demonstrate a unique blend of modernity and tradition, combining innovative approaches with a profound understanding of classical forms and structures. The result is music that is intellectually stimulating, emotionally evocative, and highly captivating for both performers and listeners alike. The set by Rufus Didviszus could not transport me into the 18th century. Besides a pseudofeudal graffiti, wasn't it a time of great social reform shouting of Hume, Bentham and Berkeley? Again, the set was fixed and flat and could not gain any motion from dressing it with mobile stands with red stadium seating. Cheap, isn't it. Director Evgeny Titov from Kasakhstan, obviously fairly new to the opera business, could also not inspire his performers with contemporary guidance and gusto to avoid the typical clichees of his lead cast and raggedy-overdressed extras, which mostly moved like retards and zombies. Unfortunately I have been forced to yawn whenever the lead went down on his knees. I call it lead poisoning. Nevertheless I was particularly thrilled by Janine De Bique's and Ivan Ludlow's interpretation, which let me forgive and forget my overcritical thoughts for a time well spent. It's worth to go and experience for yourself.
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